Essen. . Petra Kersten-Rettig hat Tausenden Krebs-Betroffenen und Angehörigen zur Seite gestanden. Jetzt geht sie in den Ruhestand.
Ihr Lebensmotto hat sich Petra Kersten-Rettig von den Friesen geliehen: Rüm Hart – Klaar Kiming. Was sich die Kapitäne früher in feinstem Dialekt gerne auf ihre Fahne geschrieben haben, hat die Essenerin mit in ihre tägliche Arbeit bei der Krebsberatungsstelle genommen: Großes Herz, klarer Verstand. „Die ideale Kombination“, sagt Kersten-Rettig. Zum Monatsende geht sie von Bord.
Guten Gewissens zwar, aber doch mit etwas Wehmut wegen der Erinnerung an viele lehrreiche, auch traurige, oft aber vor allem heitere Stunden. Der 15 Jahre lange Kontakt zu krebskranken Menschen und deren Angehörigen in der Anlaufstelle am Camillo-Sitte-Platz hat die Diplom-Pädagogin geprägt: „Auch in meinem Leben haben sich die Werte verschoben.“ Sie sei gelassener geworden und habe gelernt, zwischen wichtigen und weniger wichtigen Dingen zu unterscheiden. Leiterin der Beratungsstelle war die 65-Jährige einige Jahre, doch verstanden haben sie sich hier immer als Mannschaft. „Das soll auch so bleiben“, sagt Brigitte Eiben, die derzeit das Team mit drei Festangestellten führt. Sie hat lange an der Seite von Petra Kersten-Rettig gearbeitet. Seit etwa einem Jahr ist außerdem Sozial-Pädagogin Annette Friedrich (wieder) mit dabei.
Herzensthema: Kinder kranker Eltern
Gemeinsam betreuen und beraten sie rund 300 krebskranke Menschen oder Angehörige pro Jahr. Die meisten von ihnen suchen und finden eine Zeit lang regelmäßig Unterstützung. Hier, in der hellen, freundlichen Villa in einer ruhigen Wohngegend. Zentral gelegen zwischen Elisabeth-Krankenhaus und den Kliniken Essen-Mitte, aber ohne den Geruch und die Anmutung eines Krankenhauses.
„Petra Kersten-Rettig hat die Beratungsstelle maßgeblich mit aufgebaut und zu dem gemacht, was sie heute ist“, sagt Brigitte Eiben. Die größten Veränderungen? Der Aufstieg zu einer festen, wichtigen Größe im Essener Gesundheitssystem und die hohe Akzeptanz bei Ärzten und Entscheidern in der Medizin.
kkk
Oft ist das so: Wenn sich die medizinische Versorgung eingespielt hat und die Reha vorüber ist, kommt die Krebsberatung ins Spiel mit ihrer psychologischen Beratung. „Ein Herzensthema ist mir der Umgang mit Kindern krebskranker Eltern“, sagt Petra Kersten-Rettig. Sie erzählt die Geschichte eines Sechsjährigen mit schwerkranker Mutter, der anfangs nur düstere Szenen mit Bauklötzen nachgespielt habe. „Von Sitzung zu Sitzung wurde er offener, fröhlicher und hat auch die bunten Steine mit eingebaut.“
Wenn sie zum 1. September aus dem Beratungsteam ausscheidet, will sich Kersten-Rettig intensiv ihrer Vorstandsarbeit bei der Anneliese Brost-Stiftung widmen. Und viel Zeit in Norddeutschland verbringen. Rüm Hart – Klaar Kiming – das versteht dort jeder.