Essen-Rüttenscheid. Ein Hobbyimker produziert Rüttenscheid-Honig. Von den blühenden Kirschbäumen der Rü bis zum Schleudern in der Gruga – alles bleibt im Stadtteil.
Chefvisite: Christian Smarzlik hebt vorsichtig die Deckel an, um zu sehen, was seine knapp 100 000 Mitarbeiterinnen darunter so treiben. „Ich muss ein bisschen vorsichtiger sein als sonst, weil ich ihnen letztens erst den Honig weggenommen habe“, sagt der Hobbyimker. „Darüber haben sie sich natürlich nicht gefreut, in der Zeit danach reagieren sie dann ein bisschen aggressiver.“ Die Bienen scheinen sich aber wenig darum zu scheren, dass Smarzlik die Waben kontrolliert, sie sind halt fleißig. Und das waren sie auch in den vergangenen vier, fünf Monaten: Sie produzierten rund 50 Kilo Honig, echten Rüttenscheid-Honig, und der kommt bald in die Läden.
Drei Bienenvölker haben sich in dem Bahngarten am stillgelegten Rommenhöller-Gleis, zwischen dem Gelände der alten Pädagogischen Hochschule und der Hochhaussiedlung an der Sylviastraße, niedergelassen. „Mein Großvater hatte schon Bienen, damals in einem Garten, der dann für das Helmholtz-Gymnasium Platz machen musste“, erzählt Smarzlik. „Erst war er dann auf dem Gelände der PH, später zog er hierher“, gründete die Bahngärten Ende der 50er-Jahre mit. „Damals lief die Imkerei noch ganz anders“, erzählt Smarzlik. Ein kleiner Schuppen aus dieser Zeit, „das Bienenhäuschen“, steht noch immer an einem Ende des Gartens. „Die Kästen standen bis zur Hauswand, man hat dann alles von drinnen gemacht.“ Weil Smarzliks Vater das Hobby nicht übernahm, war in den 70ern erst mal Schluss.
Einige Gerätschaften überlebten aber die Jahrzehnte im alten Bienenhäuschen, bis Christian Smarzlik vor drei Jahren entschied, in die Fußstapfen des Großvaters zu treten. „Ich bin auch Jäger, habe immer gerne was im Garten gemacht, die Bienen passen gut dazu“, erzählt der 31-Jährige.
Die Bienen fliegen im Radius von drei Kilometern
Die Imkerei sei als Hobby gar nicht so aufwendig, „es ist schön und man hat außerdem noch einen Ertrag. Bei anderen Hobbys macht man irgendwas – und am Ende ist das Geld dann einfach weg. Von den Bienen bekomme ich Honig. Und es ist ein guter Beitrag für alle hier, die etwas anbauen“, denn die Bienen fliegen beim Sammeln des Nektars und der Pollen herum und bestäuben die Blüten.
Aber sie sind nicht nur in den Bahngärten unterwegs. „Für ein 500-Gramm-Glas Honig umrunden sie zusammen knapp dreimal die Erde“, erzählt Smarzlik. Der grobe Radius, in dem die Bienen unterwegs sind, betrage drei Kilometern. „Im März haben sie mit der Arbeit angefangen – als an der Rü die Kirschbäume blühten.“ Auch in der Gruga seien die Bienen sicherlich fündig geworden, sagt der Imker. Echten Rüttenscheid-Honig habe er also, geschleudert im Bienenhaus der Gruga. So kam er auf die Idee, ihn auch unter diesem Namen zu vermarkten.
„Das Rü-Symbol“ – ein geneigtes „R“ mit zwei Punkten für das „Ü“ – „hatte ich vorher schon oft gesehen. Viele nutzen das, um sich selbst zu vermarkten, und damit machen sie auch Marketing für den Stadtteil“, sagt Smarzlik. Er fragte bei der Interessengemeinschaft Rüttenscheid (IGR) nach, ob er das Logo verwenden könne. „Das war kein Problem, und so hat sich dann der Rüttenscheid-Honig ergeben.“
Nach dem Kristallisieren wird der Honig gerührt
Die 50 Kilo lagern aktuell aber noch in Christian Smarzliks Keller, da er wegen der hohen Temperaturen noch nicht kristallisiert sei. „Durch den Nektar sind unterschiedliche Zuckerarten im Honig enthalten“, erklärt der Imker. „Er kristallisiert deshalb unterschiedlich.“ Dass der Honig zunächst fest wird, sei durchaus gewünscht, dann könne man ihn rühren, die Kristalle damit zerstören und so eine unkontrollierte Kristallisierung später im Glas verhindern. „So bekommt er den Schmelz und wird nicht zu einer dicken Masse.“
Ende August, Anfang September soll der Honig fertig sein und abgefüllt werden. Die IGR fand schon eine Handvoll Läden, die den Honig verkaufen wollen, sie weredn noch bekanntgegeben. 250 Gramm sollen 5,95 Euro kosten. Smarzlik könnte auch nachliefern, „ich habe noch eine Sommertracht“. Darin würden aber die Rüttenscheider Kirschblüten fehlen.