Essen. . Die Stadt Essen fordert von Flüchtlingsbürgen die Hartz-IV-Kosten für Syrer zurück. Etwa 200 Essener sollen betroffen sein.

Flüchtlingsbürgen in Essen dürfte die Nachricht aufschrecken. Sie wollten Gutes tun und werden nun zur Kasse gebeten: Das Jobcenter will von ihnen die Hartz-IV-Unterhaltskosten für die Flüchtlinge zurückfordern. Die Behörde werde beginnen, die entsprechenden Schreiben zu verschicken, kündigte eine Sprecherin der Stadt an. Essen handle auf Grundlage einer Vorgabe des NRW-Arbeitsministeriums.

Wie Beispiele Betroffener aus anderen Städten zeigen, können sich die Forderungen auf bis zu fünfstellige Beträge summieren. Auch in Essen haben Bürger vor allem während der großen Flüchtlingswelle für den Lebensunterhalt syrischer Flüchtlinge gebürgt, meist für drei beziehungsweise fünf Jahre. Sie hätten dazu nach einer Aufklärung durch die Ausländerbehörde eine sogenannte „Verpflichtungserklärung“ unterzeichnet, so die Stadtsprecherin.

Betroffener Bürge befürchtet finanziellen Ruin

Für Syrer, die aus den Kriegsgebieten fliehen wollten, war das die einzige Möglichkeit, legal mit einem Visum nach Deutschland einzureisen und sich nicht auf die gefährlichen Flüchtlingsrouten zu begeben. „Allerdings hat man uns bei der Ausländerbehörde damals gesagt, dass die Ansprüche nicht weiter verfolgt werden, sobald die Flüchtlinge hier einen Asylantrag stellen“, berichtet ein Essener, der 2016 für drei Menschen gebürgt hat. Er wollte einer Frau mit ihren Kindern die gefährliche Reise übers Meer ersparen, sagt er. „Wenn das nun mit der Rückforderung so kommt, dann bin ich pleite.“

Die Stadt hat nach eigenen Aussagen noch keinen genauen Überblick darüber, wie viele Essener für Flüchtlinge gebürgt haben. Die Sprecherin spricht „grob von 200“. Auch die Summe der Rückforderung sei noch offen.

Caritas: Im Zweifel für den Bürgen entscheiden

Caritasdirektor Björn Enno Hermans appellierte an das Jobcenter, jeden Fall intensiv und gewissenhaft zu prüfen. „Mit einer Bürgschaft geht man eine rechtliche Verpflichtung ein. Wenn es aber Hinweise gibt, dass die Bürgen sachlich nicht umfänglich aufgeklärt wurden, dann sollte im Zweifel zu Gunsten der Betroffenen entschieden werden. Dann sollten die positiven Motive der Handelnden im Vordergrund stehen.“

Die Rückforderungspraxis löst indes Fragen auf. Jobcenter, die der Bundesagentur für Arbeit unterstehen, haben bislang zwar die Rückforderungen festgestellt, aber den Vollzug auf Eis gelegt. Der Bund arbeite an einer sachgerechten Lösung, meldete der WDR vergangene Woche. Jobcenter in städtischer Hoheit wie Essen unterstehen jedoch der Aufsicht des Landes und fordern nun Geld zurück. Allerdings, so stellt das NRW-Ministerium klar, würden die Städte zwar die Zahlungsaufforderungen verschicken, aber derzeit nicht vollstrecken.