Essen. . Der Deutsche Tanzpreis wird neu aufgestellt. Bei der Gala im Aalto-Theater stehen Klassik, Tanzmoderne und zeitgenössischer Tanz nebeneinander.
Wenn der Deutsche Tanzpreis am 22. September im bereits 35. Jahr in Essen an die Dramaturgin und Tanz-Netzwerkerin Nele Hertling verliehen wird, dann geht es um nicht weniger als um „die Zukunft des Tanzes“. Es ist der Arbeitstitel eines Symposiums, das am 21. und 22. September begleitend zur großen Gala im Aalto-Theater Fragen nach den Orten, dem Publikum und den Perspektiven für die Tanzkunst von morgen stellen will.
„Die Gesellschaft ist in Bewegung – sind wir es auch?“ lautet die herausfordernde These, die den Neuanfang markiert, der in Essen mit der veränderten Ausrichtung der traditionsreichen Auszeichnung gelingen soll. Statt der vornehmlich klassischen Ausrichtung wendet sich der Preis nun auch an die Tanzschaffenden der freien Szene. Klassik, Tanzmoderne und zeitgenössischer Tanz sollen ab sofort die gleiche Aufmerksamkeit genießen. Dazu wird die Auszeichnung erstmals mit 20 000 Euro dotiert und mit breiter Unterstützung von Stadt, Land und auch mit Bundesmitteln getragen.
Der Punker unter den Choreografen
Auch das auf Vielfalt bedachte Programm der großen Gala, das der Dachverband Deutscher Tanz in Berlin inzwischen veröffentlicht hat, spiegelt die neue, breitere Ausrichtung. Mit Michael Clark kommt der Punker unter den klassischen Choreografen nach Essen, der die europäische Tanzbühne lautstark und mit rüder Geste aufgemischt hat. Für Essen bereitet er mit seiner Company das Revival einer seiner ersten, furiosen Produktionen vor. Einen Klassiker der Tanzmoderne zeigt Cesc Gelabert „Im (Goldenen) Schnitt I“, während sich Susanne Linke, selbst schon mit dem Deutschen Tanzpreis geehrt, mit Akteuren des Tanztheaters Trier vor Ausdruckstänzerin Dore Hoyer verneigt.
Kontrastreich auch die Gegenüberstellung der weiteren Preisträger. Mit der amerikanischen Choreografin Meg Stuart wird eine herausragende Interpretin geehrt, die mit ihrer Company Damaged Goods eine ganz eigene Tanzsprache und einen anderen Umgang mit dem Körper als künstlerischen Ausdrucksapparat geprägt hat: .physische und psychische Ausnahmezustände als unvergessliches Bühnenabenteuer.
Die klassische Technik in Perfektion beherrscht wiederum das Ballett des Staatstheaters Nürnberg unter Leitung von Goyo Montero, das als herausragendes Ensemble geehrt wird und mit „Dürer’s Dog“ von der unbändigen Kreativität eines Malers in dramatischen Tanzbildern erzählt.
War der Deutsche Tanzpreis bislang ein Satellit, der Essen einmal pro Jahr zum Zentrum der internationalen Tanzwelt erhob, ohne die örtliche Tanzszene mit ins Boot zu holen, setzt man in Zukunft auf stärkere Vernetzung. Nach Auskunft von Michael Freundt vom Dachverband Deutscher Tanz sucht man enge Partnerschaften mit den Tanzinstitutionen und der Tanzszene in Essen, der Folkwang-Universität und dem Aalto-Ballett. Fürs nächste Jahr hat man bereits den Kontakt zu Pact Zollverein geknüpft.
Eine Auszeichnung mit langer Historie
1983 wurde der Deutsche Tanzpreis erstmalig verliehen. Der Deutsche Berufsverband für Tanzpädagogik ehrte mit diesem Preis Persönlichkeiten, die sich um den künstlerischen Tanz in Deutschland besonders verdient gemacht haben. 2018 hat der Dachverband Tanz Deutschland die Ausrichtung übernommen.
Parallel zur Gala richten der Deutsche Berufsverband für Tanzpädagogik und der Dachverband Tanz Deutschland ihre Jahrestagungen in Essen aus.
Tickets für die Verleihung des Deutschen Tanzpreises (36- 88 €) gibt es in den Vorverkaufsstellen der Theater und Philharmonie.