Essen. In der Türkei konnte Erdogan nur knapp über 50 Prozent der Stimmen gewinnen. Das Ruhrgebiet hingegen ist absolute Erdogan-Hochburg.

Es war eine historische Wahl in der Türkei. Nicht nur, weil die rund 57 Millionen wahlberechtigten Türken zum ersten Mal gleichzeitig einen Präsidenten und ein Parlament gewählt haben, sondern weil der alte und neue Präsident mehr Macht hat, als je zuvor. Die Türkei stand an einem Scheideweg, sind sich die Experten einig. Es war ein Lagerwahlkampf. Erdogan-Befürworter gegen Erdogan-Gegner. Während Erdogan in der Türkei die entscheidende 50-Prozent-Marke nur knapp überbot, um nicht in eine Stichwahl zu müssen, ging die Wahl bei Auslandstürken eindeutig zu seinen Gunsten aus.

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Nach Auszählung der Stimmen kam er in Deutschland auf 65,7 Prozent der Stimmen im Vergleich zu 52,6 Prozent in der Türkei. Erdogans stärkster Mitbewerber Muharrem Ince von der linksliberalen Oppositionspartei CHP kam nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu nur auf 21,5 Prozent.

Das Ruhrgebiet indes bleibt eine Erdogan-Hochburg. Nach übereinstimmen Angaben türkischer Zeitungen stimmten im Wahlbezirk Essen 76,4 Prozent der Wähler für Erdogan. In keinem anderem der 13 Wahlbezirke war die Zustimmung für den amtierenden Präsidenten höher. Die zweithöchste Zustimmungsrate erhielt Erdogan ebenfalls aus Nordrhein-Westfalen. Im Bezirk des Düsseldorfer Konsulats machten 70,4 Prozent der Wähler ihr Kreuz bei Erdogan. Ähnlich hoch fiel die Zustimmung in NRW für Erdogan und seine Partei schon bei früheren Wahlen aus.

Mit 49,7 Prozent der 1 443 585 Wahlberechtigten war die Wahlbeteiligung bis zu diesem Datum so hoch wie nie zuvor.

Die Wahlbezirke im Überblick:

 Muharrem InceRecep Tayyip Erdogan
Berlin32,4 %51,9 %
Düsseldorf18,6 %70,4 %
Essen12,9 %76,4 %
Frankfurt24,1 %60,5 %
Hamburg26,0 %58,1 %
Hannover21,3 %59,9 %
Karlsruhe22,7 %62,3 %
Köln20,8 %65,9 %
Mainz20,5 %64,9 %
München27,0 %65,0 %
Münster20,0 %66,5 %
Nürnberg29,2 %59,8 %
Stuttgart18,8 %68,7 %

Deutliche Zustimmung für Erdogan in Deutschland

Erdogan hatte auch schon bei früheren Abstimmungen deutlich mehr Rückhalt bei den Türken in Deutschland als bei denen zu Hause. Bei der Parlamentswahl im November 2015 kam seine AKP in Deutschland auf 59,7 Prozent. Beim Referendum über Erdogans Verfassungsreform stimmten 63,1 Prozent mit Ja. Das oppositionelle Lager der Reformgegner kam in Deutschland damals nur auf 36,9 Prozent.

Bis zum 19. Juni konnten Türken in 13 Wahllokalen in Deutschland abstimmen. Mit 49,7 Prozent der 1 443 585 Wahlberechtigten war die Wahlbeteiligung bis zu diesem Datum so hoch wie nie zuvor.

In Österreich lag die Zustimmung für Erdogan nach Auszählung von mehr als 80 Prozent der Stimmen sogar bei 72 Prozent. Hier könne die jüngste Schließung von Moscheen durch die Regierung eine Rolle gespielt haben, sagte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, gegenüber der Deutschen Presse Agentur.

Anhänger Erdogans feierten in der Nacht zum Montag auch auf Deutschlands Straßen unter anderem mit Autokorsos. (mit dpa)