Duisburg. Anhänger des alten und offenbar auch neuen türkischen Präsidenten Erdogan feiern den Ausgang der türkischen Wahl auf den Straßen im Ruhrgebiet.
Wie schon nach früheren Wahlen in der Türkei haben zahlreiche Anhänger des alten und offenbar auch neuen türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan den Ausgang der Wahl auf den Straßen im Duisburger Norden zelebriert. Mit Erdogan-Sprechchören, jeder Menge Türkeifahnen und Autokorsos zogen Hunderte Türken unter anderem über die Weseler Straße in Marxloh und über die Duisburger Straße in Hamborn.
"Hier ist die Hölle los", berichten Augenzeugen am Abend. Hunderte Autos mit Kennzeichen aus ganz NRW blockierten die Straßen in Marxloh und Hamborn und veranstalten ein Hupkonzert, Pyrotechnik wurde gezündet, Böller wurden abgefeuert. Die Polizei war mit rund 80 Polizisten im Einsatz. Es wurden Anzeigen geschrieben, weil unter anderem auch Schreckschusspistolen verwendet wurden, sagte Polizeisprecher Ramon van der Maat am Abend auf Nachfrage.
Unmittelbar zuvor hatte Erdogan sich in einer Ansprache ans türkische Volk zum Sieger der Präsidentschafts- und Parlamentswahl erklärt. Obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle Stimmen ausgezählt waren, feierten die Regierungspartei AKP und ihre Anhänger bereits den Wahlerfolg, der Erdogan noch mehr Macht einräumt, als ohnehin schon. Mit der Wahl am Sonntag ist auch das neue Präsidalsystem in Kraft getreten, über welches die Türken auch hierzulande im vergangenen November abgestimmt hatten.
Opposition erhebt schwere Vorwürfe
Entgegen der Erwartung vieler Experten und Beobachter scheint Erdogan bereits im ersten Wahlgang mehr als 50 Prozent der Wähler hinter sich gebracht zu haben. In den vergangenen Tagen waren zwar Millionen Menschen zu Wahlkampfveranstaltungen der Oppositionsparteien gekommen, doch nach den vorläufigen Auszählungsergebnissen von Sonntagabend scheint das nicht gereicht zu haben. Dabei haben sogar Politiker der Erdogan-Partei AKP mit einer Stichwahl gerechnet. Den ganzen Sonntag über gab es zahlreiche Meldungen über Wahlmanipulationen aus vielen verschiedenen Wahllokalen. So sollen Wahlbeobachter bedroht und geschlagen worden sein, massenweise bereits ausgefüllte Wahlzettel in Urnen gemischt und Stimmzettel für die Opposition in Mülltonnen gefunden worden sein. Erdogan und seine Partei streiten die Betrugsvorwürfe -- wie schon bei früheren Wahlen -- vehement ab.
Den Anhängern Erdogans in Duisburg sind diese Vorwürfe ebenfalls gleichgültig. Es sei die Propaganda schlechter Verlierer, sagen sie. Lügen, die nur dem Zweck dienen sollen, Präsident Erdogan zu diffamieren.
Autokorso auch in Gelsenkirchen und anderen Städten
Gefeiert wurde der Ausgang der Wahl längst nicht nur im Duisburger Norden. Auch in Gelsenkirchen und anderen Städten Deutschlands zogen zahlreiche Türken hupend und fahnenschwenkend durch die Straßen. In Gelsenkirchen-Bismarck wurden Fahnen geschwenkt und es gab einen Autokorso. Rund um die Bismarckstraße war es laut Polizei so laut, dass sich mehrere Anwohner beschwerten. Insgesamt blieb es aber friedlich. Vor dem türkischen Konsulat in Essen versammelten sich rund 200 Türken und sangen Loblieder auf Erdogan. Ähnliche Szenen spielten sich auf dem Borsigplatz in Dortmund ab. Auch hier feierten zahlreiche Türken den Ausgang der Wahl.
Unmut über Jubel-Demonstrationen der Türken
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In sozialen Netzwerken äußern indes sehr viele Menschen ihr Unverständnis über die Hupkonzerte und die spontanen Jubel-Demonstrationen. Auch der Grünen-Politiker Cem Özdemir meldete sich in der Nacht via Twitter zu Wort und schrieb: "Seien wir ehrlich zu uns: Die feiernden deutsch-türkischen Erdogan-Anhänger feiern nicht nur ihren Alleinherrscher, sondern drücken damit zugleich ihre Ablehnung unserer liberalen Demokratie aus. Wie die AfD eben. Muss uns beschäftigen."
Auch die CDU-Politikerin Serap Güler äußerte ihren Missmut. "Zur Bundestagswahl 2017 meinten einige Türken, wenn sie könnten, würden sie die AfD wählen. Ich bin sicher, heute haben sie die türkische Version gewählt. Für Menschen, die ein Problem mit Demokratie haben, ist es egal, wer sie nun endlich abschaffen will", so Güler
Den vorläufigen Angaben zufolge haben 65,4 Prozent der Türken in Deutschland, die sich an der Wahl beteiligt haben, ihr Kreuz bei Erdogan gemacht. Der Kandidat der größten Oppositionspartei CHP kam indes nur auf 22,2 Prozent.