Essen. . Im barocken Rittersaal von Schloss Schellenberg ist ein 350 Jahre alter Eichenbalken gebrochen. Nun ist die schicke Eventadresse eine Baustelle.

Der Rittersaal des Schlosses Schellenberg gilt als Schmuckstück und Kern des historischen Herrenhauses in Essen-Rellinghausen: ein barockes Kleinod und deshalb ein sehr beliebter Ort für Hochzeitsfeiern. Doch seit zwei Monaten droht Ungemach. „Weil einer der tragenden Deckenbalken gebrochen ist, ist wirklich Gefahr in Verzug“, sagt Max Freiherr von Elverfeldt.

Das Schloss Schellenberg gehört seiner Ehefrau, der Baronin Antoinette von Elverfeldt. Sie entstammt der Familie Vittinghoff-Schell, jenem alten Adelsgeschlecht, das in der prachtvollen Burganlage hoch über der Ruhr schon seit 1452 das Sagen hat.

Der Bruch des 26 Zentimeter dicken und mehr als 350 Jahre alten Eichenbalkens hat den Rittersaal in eine Baustelle verwandelt. Mit betrüblichen Folgen für jene, die hier bereits ein Fest gebucht haben: „Bis Ende des Jahres können hier aus Sicherheitsgründen keine Feiern stattfinden“, sagt Rentmeister Peter Langwald, der Verwaltungsleiter des Schlosses Schellenberg. Sein ehrgeiziges Ziel: Möglichst schon im nächsten Jahr soll der Rittersaal in neuem Glanze erstrahlen und erneut ein Ort heiterer Feiern sein.

Rittersaal ist zwischen 1660 und 1672 mit aufwendigem Stuck aufgehübscht worden

Zurzeit haben Statiker und städtische Denkmalschützer, Handwerker und natürlich die Schlossherren selbst alle Hände voll zu tun, um das Ausmaß des schweren Deckenschadens zu ermitteln. Um zu verhindern, dass die aus kunsthistorischer Sicht so kostbare Stuckdecke hinabstürzt, haben Fachleute drei der zwölf Eichenbalken aufwändig abgestützt. Mit Hilfe etlicher Probebohrungen wird nun der Zustand der anderen Balken untersucht.

Die Decke des Rittersaals ist mit einer reichen Stuckornamentik aus Arabesken und Muschelmotiven versehen – typisch für den Barock. Jetzt ist der gebrochene Eichenbalken freigelegt.
Die Decke des Rittersaals ist mit einer reichen Stuckornamentik aus Arabesken und Muschelmotiven versehen – typisch für den Barock. Jetzt ist der gebrochene Eichenbalken freigelegt. © Socrates Tassos

Der Rittersaal ist in den Jahren von 1660 bis 1672 mit der aufwendigen Stuckausstattung verschönert worden: eine Epoche, in der sich der Barock in aller Pracht entfaltet. Der Dreißigjährige Krieg, der ganze Landstriche verheert hat, ist vorüber und die Adeligen diesseits des Rheins folgen entzückt allen Modetrends, mit denen der Sonnenkönig von Versailles die Welt fasziniert.

Auch im Vittinghoff-Schell’schen Rittersaal dürfen sich die Stuckateure jetzt nach Herzenslust austoben: Hier werfen sie Putten und Obelisken mit Bandelwerk an die Wand, dort Laubkränze und Herzen. So entstehe „eine Darstellung der Einheit und Ewigkeit der Liebe und der Freundschaft“, heißt es.

Als die Risse in der Decke größer werden, schlug der Rentmeister Alarm

Aber als die Risse in diesem bald 400 Jahre alten Gips-Kunstwerk zuletzt immer größer und sichtbarer wurden, beschlich Rentmeister Peter Langwald ein mulmiges Gefühl. Er schlug zu recht Alarm und ist jetzt erleichtert, dass nichts Schlimmes passiert ist: „Nicht auszudenken, dass bei einer Feier Teile der Decke abgefallen wären.“

Die Vittinghoff-Schells haben das Schloss übrigens schon 1910 verlassen, über den Streit mit den mächtigen Zechenbaronen zogen sie an den Niederrhein. Bis 1967 leiteten die Hiltruper Schwestern hier ein Heim für Frauen, Mädchen und Kinder, danach beherbergte die alte Wasserburg die Höhere Landespolizeischule Münster.

Seit dem Umbau 2005 wird das exklusive Ensemble von Schulen und Anwälten, IT-Firmen und Werbeagenturen genutzt.