Essen. . Die Frida-Levy-Gesamtschule ist marode. Nebenan ist ein Gelände frei für Neubauten. Doch die Schule bekommt es nicht. Dagegen gibt es Protest.
Als im Musikraum der Frida-Levy-Gesamtschule vor knapp einem Jahr ein schweres Stahl-Fenster ganz plötzlich aus der Verankerung krachte, „da war es pures Glück, dass kein Schüler darunter saß“, sagt Berthold Kuhl, der Chef der Schule. Das drei Meter breite Klappfenster hatte sich gelöst und schlug aus rund zwei Metern Höhe nach unten – drei Minuten, bevor der Unterricht losging.
„Wäre der Fensterrahmen auf einen Schüler gefallen, wäre derjenige tot gewesen“, sagt Kuhl. Er ließ sofort das Gebäude, in dem der Zwischenfall stattgefunden hatte, sperren und sämtliche Fenster kontrollieren. Die Konsequenz: Mehrere Fenster im Oberstufen-Gebäude, die einen wenig vertrauenserweckenden Eindruck machten, wurden einfach zugeschraubt. Das ist bis heute so.
Eine historische Chance verschwindet ungenutzt
Eine der größten Gesamtschulen din Essen ist baulich ziemlich marode – und sieht jetzt eine historische Chance auf langfristige Erneuerung vorbeiziehen: Am Mittwoch entscheidet der Rat, dass die Fläche der alten Volkshochschule an der Hollestraße, die direkt neben der Frida-Levy-Schule liegt, an einen Investor verkauft wird. Dort sollen Büros entstehen.
Die Gesamtschule hatte sich seit Jahren – und nicht ohne Grund – Hoffnung gemacht, die Fläche zu bekommen für An- und Neubauten. „So war es uns auch immer aus der Verwaltung angedeutet worden“, sagt Kuhl. Umso größer jetzt die Enttäuschung der gesamten Schule, als Anfang des Jahres die Signale immer stärker wurden, dass es ernsthafte, kommerziell orientierte Interessenten gibt.
Schüler-Demo Dienstag ab 13 Uhr vor dem Rathaus
Mehrere hundert Schüler werden Dienstag ab 13 Uhr vor dem Rathaus gegen den Verkauf der VHS-Fläche demonstrieren. Offiziell angemeldet hat den Protest die Schülervertretung.
Der Rat soll am Mittwoch im nichtöffentlichen Teil seiner Sitzung beschließen, dass die seit Jahren leere VHS-Brache an der Hollestraße an den Projektentwickler Kölbl Kruse veräußert wird. Entstehen sollen Büros.
Die SPD, Ortsverein Stadtmitte, hat der Gesamtschule in ihrem Kampf um Erneuerung Unterstützung zugesagt.
Wer sich die Schäden der Frida-Levy-Schule anschaut, kann schnell zum Zyniker werden: Im Oberstufen-Trakt sind zwar die Fenster zugeschraubt. Dafür gibt es sozusagen als Ausgleich ein Mädchen-Klo mit einem Fenster, das gar nicht mehr zugeht. Es steht immer auf Kippe, weil der Griff fehlt, auch im Winter. „Allein energetisch“, sagt Kuhl, „ist das hier eine Katastrophe.“
Schule bröselt vor den Augen von Schülern, Eltern und Lehrern weg
Der so genannte Neubau aus den Siebzigern bröselt vor den Augen von Schülern, Eltern und Lehrern langsam weg: An der Fassade liegen die Eisenkerne des Stahlbetons frei, sie rosten vor sich hin.
Innen gibt es Löcher in Wänden und Decken, ungesicherte Steckdosen, kaputte Fensterbänke, blinde Fenster und seltsame braune Flecken überall im Flur – Rost, der aus dem Inneren des Mauerwerks dringt? „Kaffee“, sagt Kuhl bitter, „ist das jedenfalls nicht.“
„Es geht um die langfristige Existenz“
Der alte Trakt der Schule, das ehemalige Humboldt-Gymnasium, stammt aus den Fünfziger Jahren und ist noch besser in Takt. Oder? Kuhl führt in die Aula, hinter die Bühne – dort kriecht der Schimmel die Wände hoch.
Essener Gesamtschule verfällt
„Teile unserer Schule“, ist Kuhl ganz sicher, „sind nicht zu retten, die muss man abreißen und neu bauen.“ Die Fläche der VHS wäre dafür ideal gewesen. „Es geht hier um die langfristige Existenz unserer Schule, denn zehn Jahre halten einige Gebäudeteile nicht mehr durch.“
Schüler sammelten mehr als 1200 Unterschriften
Die Frida-Levy-Schule zählt bei den Anmeldungen regelmäßig zu den beliebtesten Gesamtschulen im ganzen Stadtgebiet. Schon letzte Woche haben Schüler mehr als 1200 Unterschriften an Oberbürgermeister Thomas Kufen und den neuen Schul-Dezernenten Muchtar Al Ghusain übergeben – gegen den Verkauf der benachbarten VHS-Fläche an einen Investor. „Doch Kufen hat uns keine Hoffnung gemacht“, sagt Marvin Eiermann (18), Mitglied der Schülervertretung.
Hätte die Schule früher protestieren sollen? „Alle wussten vom baulichen Zustand unseres Hauses“, sagt Kuhl. „Und uns ist lange signalisiert worden, dass wir die Fläche bekommen werden.“