Essen. . Rieger-Orgel im Dom wird gesäubert. 5102 Pfeifen und das komplette Innenleben des Instruments werden von Staub, Kerzenruß und Weihrauch befreit.

Wer eine der herausragendsten Orgeln sein Eigen nennt, der will darauf natürlich nicht unsauber spielen. Wobei es in diesem Fall ganz und gar nicht um die Qualität des Instrumentalisten geht, sondern um das Instrument selber. Die Rieger-Orgel im Essener Dom hat ordentlich Schmutz angesetzt. So viel, dass man die Verunreinigung nicht nur sehen, sondern bereits auch hören konnte. Nach 14 Jahren ist deshalb die erste große Ausreinigung nötig. Weil es mit ein wenig Staubwischen und Polieren nicht getan ist, wird das mächtige Instrument bis Christi Himmelfahrt schweigen.

Dass die Rieger-Orgel so schnell Dreck angesetzt hat, liegt nicht nur am Straßenstaub, den jeder Besucher mit ins Essener Münster trägt, sondern auch an ihrem exponierten Platz gleich über der Goldenen Madonna. „Essen sein Schatz“ ist nicht nur Attraktion und Anlaufstelle für viele Besucher, hier werden auch die meisten Kerzen entzündet, und das hat Folgen: „Kerzenruß, Weihrauch und Staub haben dem Instrument in den letzten 14 Jahren stark zugesetzt“, erklärt Domorganist Sebastian Küchler-Blessing. Mit der Ausreinigung des 2004 eingebauten Instrumentes war deshalb nicht mehr zu warten. Dazu muss die Orgel nun komplett auseinandergenommen, gesäubert und anschließend wieder zusammengesetzt werden. Danach werden die insgesamt 5102 Pfeifen des Orgelwerks mit 69 Registern und vier Manualen gestimmt. „Wir wollen den weltweit geschätzten und einmaligen Klang der Rieger-Orgel erhalten und für die nächsten Jahrzehnte sicherstellen“, sagt Küchler-Blessing.

„Wir wollen den weltweit geschätzten und einmaligen Klang der Rieger-Orgel erhalten“

Die Entscheidung hat man sich trotzdem nicht ganz leicht gemacht. Schließlich beläuft sich die Putzaktion auf stattliche 90 000 Euro und die Summe war im Bistums-Etat so nicht vorgesehen. Gutachter seien am Ende aber zu dem Urteil gekommen, „dass es sinnvoll ist, die Orgel jetzt zu reinigen, damit das Instrument keinen Schaden nimmt“, sagt Domprobst Thomas Zander und freut sich, dass Sponsoren bereits 70 000 Euro zugesagt haben. Staub sei schließlich der beste Nährboden für Schimmelbildung, warnt Orgelbauer Michael Fritsch, der mit seinem Team rund fünf Wochen lang im Dauer-Reinigungs-Einsatz sein wird. Ein aufwendiges und kostenintensives Arbeiten, denn die Fachleute müssen äußerst behutsam vorgehen. „Bürsten setzen wir sparsam ein, um die Patina zu schonen, das wirkt sich auf den Klang aus“, verrät Fritsch, der mit seiner Kopfleuchte wie ein Orgelinternist wirkt.

Dompropst Thomas Zander, Domorganist Sebastian Küchler-Blessing und Orgelbauer Michael Fritsch (v. li.)  vor dem Spieltisch der Orgel.
Dompropst Thomas Zander, Domorganist Sebastian Küchler-Blessing und Orgelbauer Michael Fritsch (v. li.) vor dem Spieltisch der Orgel. © Kerstin Kokoska

Eine Kirchenorgel, das ist schließlich ein ebenso hochkomplexes wie raumgreifendes Instrument, das man zunächst einmal in unzählige Einzelteile zerlegen muss, in das man klettern, unter das man kriechen kann und dessen Innenleben man am besten in allen Einzelheiten studiert hat. Kein Problem für Fritsch und seine Kollegen. Schließlich kennen die Orgelbauer der Firma Rieger ihr gebautes Instrument aus dem Effeff. Die Essener Orgel sei bis heute ein „Referenzinstrument“ der traditionsreichen Orgelbauerfirma, die vor 14 Jahren auch etliche Patente mit verbaut hätte, erklärt Küchler-Blessing, der nun auf eine genaue „Staubanalyse“ wartet. Womöglich müsse man künftig auch über Kerzen nachdenken, die rußärmer abbrennen oder eine kürzere Brenndauer haben, sagt Domprobst Thomas Zander. Und so ist auch im Dom eine Emissions-Debatte buchstäblich entbrannt.