Essen. Die U-Bahn-Attacke gegen eine 17-Jährige zeigt, dass die Sicherheitsfrage in Essen keineswegs gelöst ist – und dass Kameras segensreich sind.

Es ist die rohe, skrupellose Brutalität, die erschüttert: Ein Jugendlicher sieht eine junge Frau, die telefoniert, verfolgt sie und zieht ihr ohne jede Vorwarnung hinterrücks eine Bierflasche über den Kopf. Einfach so, ohne mit der Wimper zu zucken. Man fragt sich, was in einem jungen Menschen vorgeht, der in Kauf nimmt, ein Leben auszulöschen – denn das ist es, was keineswegs nur theoretisch hätte passieren können.

Nicht nur die Rohheit der Tat ist bemerkenswert, auch der Zeitpunkt mittags um 13 Uhr an einem der belebtesten U-Bahnhöfe der Stadt. Das heißt, es hätte jeden treffen können. Kaum jemand achtet um diese Zeit an einem solchen Ort auf das, was hinter ihm geschieht. Weil ein Überwachungsvideo den Hergang der Tat minuziös zeigte, wurde der Fall rasch zu einem bundesweiten Ereignis. Er erinnert an jene ebenso schockierende S-Bahn-Szene in Berlin, als ein Mann durch einen Tritt in den Rücken eine Passantin die Treppe herunterstößt.

An vielen Stellen liegt eine unangenehme Aggressivität latent in der Luft

Ein Einzelfall sei der Vorgang am Viehofer Platz wird es nun wieder heißen von jenen, die beschwören, der öffentliche Raum sei sicher, was ja schon die Statistik belege. Das mag alles sein, aber die gefühlte Wahrheit ist eine andere. In der Innenstadt, am Hauptbahnhof, in etlichen U-Bahnstationen lungern definitiv mehr Menschen als früher in Gruppen herum, deren ganzer Habitus nichts Gutes erwarten lässt. Aggressionen liegen latent in der Luft, ohne dass sie immer zum Ausbruch kommen müssen – aber man hält es eben ohne weiteres für möglich.

Hier verschwindet ein Stück Urvertrauen, ohne dass Stadtleben nicht gut funktionieren kann. Als der CDU-Politiker Jens Spahn jüngst mit einer unglücklichen Bemerkung die Sicherheit unter anderem in Essen in Zweifel zog, reagierte der Oberbürgermeister beleidigt. Essen sei für jedermann an jeder Stelle sicher. Das ist nicht völlig falsch, und doch ist die Realität komplizierter. Es gibt jedenfalls keinen Grund, sich zufrieden zurückzulehnen, wenn es um die Sicherheit in Essen geht.

Es braucht mehr Videoüberwachung, nicht weniger

Die Kameraaufzeichnung hat dazu geführt, dass zumindest ein Tatverdächtiger rasch festgenommen werden konnte. Das zeigt noch einmal eindrucksvoll, wie unentbehrlich diese Überwachung ist und dass sie ausgebaut gehört. Das Gewaltverbrechen an der 17-Jährigen war dadurch zwar nicht zu verhindern, aber zumindest können Täter viel leichter ermittelt und bestraft werden. Das ist ein Wert an sich und jedenfalls wichtiger als ein völlig überzogener Datenschutz, der schon das harmlose, mehrtägige Speichern von Aufzeichnungen für einen Anschlag auf die Menschenwürde hält.

+++ Update: Die Polizei hat zwei Tatverdächtige festgenommen. Mehr dazu lesen Sie hier. +++