Essen. . Nach Duisburg, Bochum und Dinslaken nun also Essen: Die Stadtwerke werten ihre Anteile am angeschlagenen Kohleverstromer Steag deutlich ab.

Lange haben sie in Essen stillgehalten – es galt das Prinzip Hoffnung, die Risiken aus der Steag-Beteiligung doch noch irgendwie wegstecken zu können.

Jetzt aber folgen auch die Essener Stadtwerke dem Beispiel ihrer Kollegen aus Duisburg, Bochum und Dinslaken und werten ihren Anteil an dem angeschlagenen Kohleverstromer spürbar ab. Dies bestätigte gestern der Vorstandschef der Stadtwerke, Peter Schäfer, auf Nachfrage.

Steag: Wertkorrektur um 17 Millionen Euro

Dem Vernehmen nach ist eine Wertkorrektur um knapp 17 Millionen Euro nach unten im Gespräch. In den Büchern steht der über eine Zwischenholding gehaltene 15-Prozent-Anteil noch mit einem Betrag von 56 Millionen.

Ob der Ärger damit ausgestanden ist, muss sich erst noch zeigen: Wie sich am Donnerstag bei der Bilanzvorlage erwies, zehrt die Steag nach wie vor zu einem beachtlichen Teil von ihrer Substanz, verdient mit dem deutschen Kraftwerkspark nur noch wenig Geld und sieht hierzulande „keine Perspektive“ für Neubauten auf Steinkohle-Basis.

Hoffnung ruhen auf riskanten Auslandsporjekten

Seine Hoffnungen setzt man lieber in durchaus riskante Auslandsprojekte wie etwa ein Geothermie-Kraftwerk im indonesischen Baturraden, in dem 80 Millionen Euro für Bohrungen bis in 3500 Metern Tiefe investiert werden. Ob sich das Investment auszahlt oder im Extremfall komplett abgeschrieben werden muss, entscheidet sich bis Jahresende.

Für Stadtwerke-Vorstand Dr. Peter Schäfer ist ein Ausstieg bei Steag aktuell keine Option.
Für Stadtwerke-Vorstand Dr. Peter Schäfer ist ein Ausstieg bei Steag aktuell keine Option.

Daneben ist man in Kolumbien und auf den Philippinen engagiert, im Südosten der Türkei und demnächst auch in Polen, wo ins Fernwärmenetz rund 50 Millionen Euro investiert werden.

Ausstieg ist aktuell wohl keine Option

Die lokale Politik sieht den Auslands-Schwerpunkt des Unternehmens mit Skepsis und würde, wie die Fraktionschefs von SPD und CDU in Essen erst kürzlich verlauten ließen, lieber heute als morgen bei der Steag aussteigen. Dies zumal die Gewinne derzeit zwar ausreichen, um Zins und Tilgung bedienen zu können, jedoch weit entfernt von jenen Rendite-Erwartungen liegen, mit denen man der Politik die Steag-Beteiligung einst schmackhaft machte.

Doch das Ausstiegs-Szenario wird derzeit nicht befeuert, auch, weil es nicht gerade hilft, neue Miteigentümer zu gewinnen: „Wenn ich mein Auto verkaufen will“, sagt ein Beteiligter augenrollend, „erzähle ich ja auch nicht überall rum, was für eine Schrottkarre das ist“.

Stadtwerke beteiligigen sich nicht an Kapitalerhöhung

Und so gewinnt Steag-Chef Joachim Rumstadt den Eindruck, dass es in den Städten hier und da zwar etwas „Unruhe“ vor allem in den Stadträten gebe, aber keine echte Legitimationskrise für die Stadtwerke-Beteiligung: „Das ist durchaus noch belastbar.“

Mehr Arbeitsplätze bei Steag nur im Ausland

Die Steag beschäftigt 6493 Mitarbeiter, 389 mehr als im Vorjahr. Gewachsen ist die Belegschaft aber nur im Ausland. Im Inland werden Jobs gekürzt.

Bislang, so Alfred Geißler aus der Steag-Geschäftsführung, sei man ohne betriebsbedingte Kündigungen ausgekommen. Das bleibe auch weiter das Ziel.

Alle Hoffnungen setzt man auf die Zeit ab 2021 und die Suche nach frischem Kapital durch neue Anteilseigner. Bei Peter Schäfer muss da allerdings niemand anklingeln: „Dass die Stadtwerke Essen sich an einer Kapitalerhöhung beteiligen“, so lässt der Vorstandschef wissen, „schließe ich aus“.