Essen. . Der Essener Energiekonzern Steag steckt in der Krise. Er braucht frisches Geld - und setzt damit kommunale Eigentümer unter Druck.
Als RWE-Chef Rolf Martin Schmitz unlängst auf die Steag angesprochen wurde, plauderte er recht offen über den benachbarten Energiekonzern. Er habe gehört, „dass einige Kommunen verkaufsbereit sein sollen“, sagte Schmitz über den auf Steinkohlekraftwerke spezialisierten Essener Konzern, der sechs Stadtwerken aus dem Ruhrgebiet gehört. Großes Interesse ließ der RWE-Chef aber nicht erkennen.
Seit einiger Zeit macht der Steag die Energiewende zu schaffen. Der Aufstieg von Wind- und Sonnenstrom bedroht das klassische Kerngeschäft des Kraftwerksbetreibers. Im vergangenen Jahr legte Steag-Chef Joachim Rumstadt eine Bilanz mit roten Zahlen vor: 2016 fiel ein Verlust von fast 221 Millionen Euro an. Ein eiserner Sparkurs ist die Folge. Bis Ende 2020 sollen von den 6100 Steag-Jobs bis zu 1000 Stellen wegfallen.
Schrumpft der Anteil der Städte?
Die Steag gehört den Stadtwerken Dortmund, Duisburg, Bochum, Essen, Oberhausen und Dinslaken, die ihre Beteiligung in der Gesellschaft KSBG gebündelt haben. Für stolze 1,2 Milliarden Euro hatte die KSBG die Steag vom Chemiekonzern Evonik gekauft. Zum Plan der Kommunen gehörte, die Steag-Übernahme unter anderem durch die jährlichen Gewinn-Ausschüttungen des Essener Energiekonzerns zu finanzieren. Um die Kasse aufzubessern, trennte sich die Steag vor wenigen Monaten unter anderem von Teilen des Fernwärme-Geschäfts im Ruhrgebiet.
In den Kommunen wachsen offenbar die Zweifel, ob die Steag zu den Stadtwerken passt. Dem Vernehmen nach wird insbesondere in Duisburg und Essen ein Verkauf der Steag-Anteile erwogen. Dabei spielt wohl auch eine Rolle, dass die Steag frisches Geld benötigt.
Möglicher Partner aus Tschechien
Zu den Planspielen gehört unter anderem eine Kapitalerhöhung. Sollte sich eine Kommune möglicherweise aus finanziellen Gründen nicht an einem solchen Schritt beteiligen, ginge ihr Steag-Anteil zurück. Das mit Abstand größte Paket halten derzeit mit 36 Prozent die Stadtwerke aus Dortmund, auf Duisburg entfallen 19 Prozent. Bochum und Essen sind mit 18 beziehungsweise 15 Prozent beteiligt. Dinslaken und Oberhausen gehören jeweils sechs Prozent.
Als denkbar gilt auch, einen Partner ins Unternehmen zu holen, der Geld beisteuert, um die Lage der Steag zu verbessern. Kenner des Konzerns sagen, das Unternehmen werde derzeit durch den finanziellen Engpass gelähmt. Als potenziell interessiert gilt der tschechische Energiekonzern EPH, der schon im Rennen war, als sich Evonik von der Steag getrennt hat. Unlängst hat EPH das ostdeutsche Braunkohlegeschäft samt Tagebau vom Energiekonzern Vattenfall übernommen – ein Deal, für den sich wiederum auch die Steag interessiert hatte.
Für die kommunalen Steag-Eigner stehen wichtige Kreditverhandlungen an. „Die Steag-Eigentümer müssen 2019 die Schulden refinanzieren, die sie für die Übernahme der Steag aufgenommen haben“, sagte Dortmunds Stadtwerke-Chef Guntram Pehlke, der auch Steag-Aufsichtsratschef ist, im Gespräch mit unserer Redaktion. „Wir prüfen derzeit, wie dies am besten geschehen kann.“ Nach Informationen unserer Redaktion treffen sich die Stadtwerke-Chefs in der kommenden Woche zu einer Klausur-Sitzung in Sachen Steag.
Stadtwerke bitten um Geduld
Nach Einschätzung der Börsen-Zeitung könnte auch der Düsseldorfer Kraftwerksbetreiber Uniper ein möglicher Interessent sein. Uniper wehrt sich dieser Tage gegen eine feindliche Übernahme durch den finnischen Energieversorger Fortum. Unter Investmentbankern werde über eine Kapitalerhöhung von Uniper spekuliert, um damit einen Firmenzukauf zu finanzieren und den Anteil von Fortum nach unten zu drücken. Konzerninsider halten einen Einstieg von Uniper bei der Steag indes für eher unwahrscheinlich.
Der Dortmunder Stadtwerke-Chef Pehlke hatte schon vor einigen Monaten um Geduld geworben. Voraussichtlich ab dem Jahr 2020 rechne er wieder mit einer ordentlichen Dividende aus dem Steag-Investment. „Wir sind kommunale Aktionäre und keine Heuschrecken“, sagte Pehlke seinerzeit. „Wir denken eher in Zeiträumen von 100 Jahren als von zehn Jahren.“