Essen. Mit Unterstützung weiterer Behörden zeigte die Polizei massive Präsenz in der nördlichen City von Essen. Auch Innenminister Reul war vor Ort.

Innenminister und Oberbürgermeister, die Präsidenten der örtlichen Polizei und der Generalzolldirektion Bonn wie auch der Essener Ordnungsdezernent waren vor Ort – und über 300 Polizisten, 70 städtische Kräfte sowie 21 Zollfahnder im Einsatz: Der nördlichen Innenstadt wurde am späten Donnerstagabend eine noch nie dagewesene Aufmerksamkeit zuteil, nicht zuletzt medial.

Über vier Stunden lang nahmen Sicherheits-, Zoll- und Finanzbehörden gemeinsam die bekannten Rückzugsorte überwiegend türkisch-libanesischer Gruppen ins Visier, die sich brutale Auseinandersetzungen liefern, Gewaltbereitschaft wie Respektlosigkeit offen zur Schau stellen, Beamte bei alltäglichen Einsätzen bedrängen oder provozieren und so regelmäßig das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung in der Innenstadt demontieren.

Razzia gegen Clan-Kriminalität: Über 600 Personen kontrolliert

Bei der Aktion gegen Straßen- und Clan-Kriminalität wurden über 600 Personen kontrolliert, 100 Geschäfte durchsucht und etwa 60 Fahrzeuge an Polizeisperren rund um die nördliche Innenstadt überprüft – das Ergebnis: Acht Männer konnten festgenommen werden, zum Teil lagen Haftbefehle gegen sie vor. Fahnder stellten 300 Kilogramm unversteuerten Tabak genauso sicher wie einen vierstelligen Geldbetrag und „viele kleinere Mengen Drogen“, so zog Polizeisprecher Lars Lindemann am Freitagmittag Bilanz.

Polizei führt in Essener Nordstadt Großrazzia durch

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    Die Liste der Unregelmäßigkeiten ist länger: Beamten schrieben mehr als 20 Anzeigen, unter anderem nach Widerstandshandlungen und wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittel- und Asylgesetz. Dazu kamen rund 60 festgestellte Ordnungswidrigkeiten, weil Tabak in Shisha-Bars geraucht, Geschwindigkeitsverstöße an Messstellen festgestellt und Mindestlöhne in Lokalen nicht gezahlt wurden.

    Lebensmittelüberwachung macht einen Betrieb dicht

    Die Lebensmittelüberwachung der Stadt machte einen Gastronomiebetrieb dicht. In sechs Verdachtsfällen wird wegen Leistungsbetrugs ermittelt. In zwei Fällen kamen die Ermittler einem illegalen Aufenthalt auf die Spur. Die Betroffenen seien bereits zur Abschiebung ausgeschrieben geswesen, die nun schnellstmöglich umgesetzt werden solle, heißt es in dem Abschlussbericht der Polizei.

    War all das am Ende eine eher magere Ausbeute für eine Razzia in dieser Größenordnung, ein gelungener Rundumschlag des Rechtsstaats, um Kriminalität bekämpfen zu können, oder gar bloßer Aktionismus, wie der Linke-Bundestagsabgeordnete Niema Movassat kritisierte, der die Razzia für eine PR-Aktion hält?

    Innenminister Reul will sehen, "wie in Essen mit Clans umgegangen wird"

    Oberbürgermeister Thomas Kufen, Polizeipräsident Frank Richter und Armin Rolfink, Direktionspräsident der Generalzolldirektion in Bonn, zeigten sich jedenfalls zufrieden mit dem „Stubendurchgang“ und sind sich darin einig, die Zusammenarbeit ihrer Behörden intensivieren zu wollen. „Jeder bringt etwas ein, was der andere nicht kann, damit wir beim Thema Sicherheit und Ordnung weiterkommen“, sagte Kufen. „Wir decken damit alle Felder ab“, meinte Richter. „Die Polizei hat nicht alle rechtlichen Möglichkeiten wie die Steuer- oder Zollfahndung.“ Zum Beispiel könne seine Behörde „auch verdachtslose Prüfungen machen“, verdeutlichte Rolfink.

    NRW-Innenminister Herbert Reul, der sich bis nach Mitternacht ein Bild von dem gemeinsamen Aufschlag machte, „weil ich sehen will, wie in Essen mit Clans umgegangen wird“, sagte: „Kriminelle Strukturen werden durch die enge Verzahnung aller Behörden intensiv beleuchtet. Da sein und Präsenz zeigen, das hilft gegen Alltagskriminalität.“