Essen. . Die Band Kettcar spielt in der Essener Weststadthalle ihre Klassiker. Warum der Bassist der Band einen Abstecher in den Limbecker Platz einbaute.

Es ist kurz vor halb zehn am Freitagabend, als Marcus Wiebusch zum ersten Mal an diesem Abend romantisch wird. „Wisst Ihr, ich liebe diese Stadt“, sagt der Sänger von Kettcar, „Essen nimmt sich so schön zurück. Zeche Carl, Horst Hrubesch, Hafenstraße, vierte Liga. Das ist ehrlich, nicht Champions League wie Dortmund oder Schalke.“

Kurzes Johlen im Publikum, schließlich ist das keine Anbiederei, mit der einer der viel gerühmten Vertreter der Hamburger Schule der Ruhrpottmetropole seine Ehre erweist. Die Band selbst mag diesen Querverweis zu anderen Kapellen wie Blumfeld und Tocotronic allerdings nicht.

Kettcar sind die Bekannten von nebenan

Na gut, vor einem Monat, bei ihrer Show im Dortmunder FZW, wird er sicher nicht zum Besten gegeben haben, dass er den Zirkus beim BVB übertrieben findet, aber das ist am Ende auch egal. Wiebusch ist einfach ein guter Erzähler, das war er immer schon, und zwar zwischen seinen Liedern und natürlich mittendrin.

Nach dem etwas verwirrenden Auftritt des Duisburgers Tom Liwa – einst mit den Flowerpornoes ein angesehener Singer/Songwriter aus der deutschen Indieszene – kommen Kettcar wie gute Bekannte daher, mit denen man sich eigentlich schon lange mal wieder über den Zustand der Gesellschaft unterhalten wollte.

Klassiker in der ausverkauften Weststadthalle

Die über 1 000 Zuschauer in der ausverkauften Weststadthalle, zunächst etwas zurückhaltend, denn Diskurspop verträgt sich ja besser mit gefälligem Kopfnicken als mit johlender Party, danken den älteren Jungs da oben auf der Bühne ihre zugewandte Offenheit schnell.

Ob mit Songs wie „Benzin und Kartoffelchips“, „Auf den billigen Plätzen“ und „Sommer 89“ vom neuen Album „Ich vs. Wir“, Klassikern wie das Akustische „Balou“ oder Rocknummern wie „48 Stunden“, „Money Left To Burn“ und natürlich der erste Hit „Wenn die dicke Frau noch singt, ist die Oper nicht zu Ende“: Kettcar wählen ihr Programm aus nunmehr über 15-jähriger Schaffenszeit mit Bedacht aus, und am Ende eines über 100-minütigen Sets mit vier Zugaben bleibt nur eine offene Frage: Waren Sie später noch im Delta oder nicht?

Bassist macht Abstecher in den Limbecker Platz

Bassist Reimer Bustorff ist derjenige, den die Disco gleich hier um die Ecke nicht loslässt. Am späten Nachmittag, wenige Stunden vor dem Konzert, ist er rüber ins nahe gelegene Einkaufscenter – „Ich musste mir eine Zahnbürste kaufen.“

Im „Limbecker“ lauscht er vor H&M ungewollt der Unterhaltung zweier Teenager: „Eh, sollen wir heute Abend ins Delta?“ Bustorff nimmt das Rätsel als roten Faden mit in die Weststadthalle, kommt zwischen den Songs immer wieder auf den Musik-Park an der Frohnhauser Straße zurück. Wir wissen nicht, wann und wo Kettcars nächstes Konzert in Essen stattfindet, aber eine Vermutung hätten wir schon...