Essen. . Immer wieder Ärger: Kurz vor der Kita-Platz-Vergabe kündigt die erste Essener Einrichtung an, aus dem Vormerksystem „Little Bird“ auszusteigen.
Kurz vor der offiziellen Platz-Vergabe für das kommende Kindergartenjahr gibt es erneut massive Beschwerden über das Online-Reservierungs-System „Little Bird“. Eine erste Einrichtung hat angekündigt, wegen anhaltender Komplikationen aus „Little Bird“ aussteigen zu wollen. Die Stadt richtet für Eltern, die Schwierigkeiten mit dem System haben, eine Telefon-Hotline ein (siehe Info-Kasten).
„Wir haben uns jetzt über Jahre mit dem System herumgeärgert, uns reicht es jetzt“, sagt Ronald Derler vom Vorstand des Eltern-Vereins „Lummerland“.
Die Steeler Einrichtung beherbergt zwei Gruppen mit insgesamt 34 Plätzen. „Es hakt bei dem Online-System an allen Ecken und Enden“, sagt Derler. So müssten die Erzieher ganze Datensätze per Hand in den Computer übertragen, obwohl Eltern einen Platz elektronisch erfragen. „Das ist ein Aufwand, der Fehler produzieren kann, und den wir nicht mehr leisten können und wollen“, sagt Derler. Er fühle sich dabei auch von der Stadt im Stich gelassen: „In Anbetracht des gigantischen Defizits an Betreuungsplätzen ist das Vergabesystem ,Little Bird’ bestimmt kein dienliches System. Träger und Eltern haben jedenfalls kein Vertrauen mehr“, schreibt der „Lummerland“-Vorstand in einem Brief ans Jugendamt.
Stadt Essen: Ausstieg ist nicht so einfach
Hotline für Eltern ab Donnerstag
Die Stadt richtet eine Info-Hotline ein, um Fragen schnellstmöglich beantworten zu können. Die Hotline wird ab Donnerstag, 1. März, geschaltet und bleibt aktiv bis 30. April.
Die Hotline mit der Nummer 88-51099 ist besetzt montags bis donnerstags von 8.30 Uhr bis 16 Uhr und freitags von 8.30 Uhr bis 13 Uhr.
In Essen fehlen trotz des Ausbau-Programms der Stadt rund 2400 Kita-Plätze.
Die Verwaltung kontert: Ein Ausstieg sei für einzelne Träger nicht so einfach möglich. „Die Stadt Essen ist vertraglich an die Nutzung von ,Little Bird’ bis Ende 2019 gebunden. Die vertragliche Bindung schließt die Essener Träger mit ein, die sich zuletzt im Juli 2017 gemeinschaftlich zur Nutzung des Vormerksystems bekannt hat.
Hieran ist auch die Kita Lummerland gebunden.“ Ab Donnerstag würden planmäßig die Platz-Reservierungen, die über das Vormerksystem vorgenommen wurden, durch die platzvergebenden Kitas abgearbeitet. Die Platzzusagen liefen bis 31. März, in Einzelfällen auch noch bis Juni oder Juli.
Kritik von Eltern an dem System wächst
Unterdessen mehrt sich seit Wochen Kritik von Eltern an einer mangelnden Nutzerfreundlichkeit des Systems – in Internetforen machen Mütter und Väter ihrem Unmut Luft. „Ich kenne niemanden, der das System gut findet, die ganze Situation ist sehr unbefriedigend“, sagt Carolin Claas vom Jugendamtselternbeirat (JAEB). In den letzten Tagen sei es für viele Betroffene überhaupt nicht möglich gewesen, sich ins System einzuloggen.
Erst vor zwei Wochen konnte der JAEB eine strittige Frage klären: Wenn Eltern einen Platz absagen, bedeutet das nicht, dass sie grundsätzlich ihren Rechtsanspruch verlieren. Auf eine Antwort dieser Frage hatten einige Eltern rund ein Jahr gewartet.
Beschwerden schon vor dem Start von „Little Bird“
Bereits im Herbst 2016, zum offiziellen Start von „Little Bird“, hatte es massive Beschwerden und erste Forderungen gegeben, das System wieder abzuschaffen. Im Rheinland hat bereits eine Kommune den Rückzug von „Little Bird“ angekündigt. Die Stadt Essen erwägt diesen Schritt vorerst nicht.
Gleichwohl beobachten andere Träger kritisch die Entwicklung: „Eine Entscheidung haben wir aber noch nicht getroffen“, heißt es zum Beispiel beim Kita-Zweckverband des Bistums. Mit 67 Einrichtungen in Essen zählt der Zweckverband zu den größten Kitaplatz-Anbietern in der Stadt. Auch Björn Enno Hermans, Sprecher der „AG Wohlfahrt“, dem Dachverband der Kita-Träger, mahnt an: „Ein Erfolg ist dringend erforderlich.“