Essen. . Die Entscheidung der „Essener Tafel“, einen Aufnahme-Stopp zu verhängen, trifft in der Essener Politik auf Kritik, aber auch auf Verständnis.

Auch in der örtlichen Politik hat der einstimmige Vorstandsbeschluss der „Essener Tafel“ eine Kontroverse ausgelöst.

Dirk Kalweit, stellvertretender Vorsitzender und sozialpolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion Fraktion, nennt die Entscheidung nachvollziehbar. Sie diene dazu eine fortschreitenden Verdrängung von einzelnen Personengruppen wie Obdachlosen, Rentnern, Alleinerziehenden und Menschen, die auf Grundsicherung angewiesen sind, entgegen zu wirken. Dennoch dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass eine andere Nationalität als Ausschlusskriterium diene. Dies sei mitnichten der Fall.

„Eine solche Entscheidung richtet den Blick auf diejenigen, denen ihre Fürsorge gilt. Für Flüchtlinge, die in unserer Stadt leben, gibt es andere Anlaufstellen“, so Kalweit.

SPD-Fraktion reagiert mit großem Unverständnis

Mit großem Unverständnis reagiert dagegen die SPD-Fraktion auf die Entscheidung der Essener Tafel, einen Aufnahmestopp der Bedürftigen ohne Deutschen Ausweis zu verhängen. Bei den Auswahlkriterien müssten Not und Bedürftigkeit Vorrang haben. Unabhängig von der Herkunft seien gegenseitiger Respekt und Fairness zwingende Voraussetzung für die Teilnahme an der Tafel.

Die Situation zeige auch, dass ehrenamtliches Engagement an Grenzen stoßen könne, so Fraktionschef Rainer Marschan. Sozialverbände, Stadt und Politik müsst gemeinsam eine Lösung finden, die allen Bedürftigen gerecht werde.

FDP unterstützte, dass Fehlverhalten sanktioniert werde

Die FDP-Fraktion wünscht sich „mehr Realismus“ in der Debatte. Die Essener Tafel habe es sich zur Aufgabe gemacht, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren und dadurch sozial Schwächere zu stützen. Dies bedürfe einer Ausgeglichenheit der Inanspruchnehmer.

Die Freien Demokraten unterstützte, dass Fehlverhalten sanktioniert werde. Dies sei auf keine Bevölkerungsgruppe zu reduzieren.

Linke: Tafel setzte sich dem Verdacht der Diskriminierung aus

Die Linke lehnt die neue Praxis ab. Die Tafel setzte sich dem Verdacht der Diskriminierung aus und schade dem eigenen Ansehen, so Ratsfrau Ezgi Güyildar.

Informationen zur Essener Tafel

Wie viele Menschen erreicht die Essener Tafel?

In 13 Verteilstellen gehen die Lebensmittel jede Woche an rund 6000 Menschen. Die Tafel beliefert darüber hinaus nach eigenen Angaben knapp 110 soziale und karitative Einrichtungen wie Mittagstische in sozialen Brennpunkten oder Anlaufstellen für Obdachlose mit weiteren rund 10 000 Menschen. Bundesweit verteilen die Tafeln die Lebensmittel regelmäßig an bis zu 1,5 Millionen Bedürftige.

Wer macht die Arbeit?

In Essen sind es 120 ehrenamtliche Helfer, die Lebensmittel sammeln, sortieren und verteilen. Die Waren werden von Lebensmittelmärkten, Produzenten, Großhändlern und Bäckereien gespendet. Mit sechs Kühlfahrzeugen sammeln die Ehrenamtlichen die Waren ein und bringen sie zu den Ausgabestellen.

Wer darf zur Essener Tafel gehen?

Jeder, der seine Bedürftigkeit nachweisen kann: Empfänger müssen Hartz IV, Grundsicherung oder Wohngeld beziehen. In Essen erhalten die Kunden nach erfolgreicher Anmeldung eine Kundenkarte und eine feste Abholzeit einmal in der Woche. Bei der Anmeldung muss sich der Kunde entscheiden, an welcher der Verteilstellen er die Lebensmittel erhalten möchte. Jeder Erwachsene muss pro Ausgabe einen Euro Schutzgebühr bezahlen. Wer seinen Termin nicht einhalten kann, muss sich telefonisch abmelden. Wer das drei Mal versäumt, verliert die Berechtigung. (dpa)

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Update: Nach Krisensitzung am Dienstag: Der Aufnahmestopp für Ausländer bei der Essener Tafel bleibt vorerst bestehen. Nun soll ein Runder Tisch einberufen werden. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.