Essen. . Rektorat und Senat entscheiden über Nutzungsordnung. AStA-Chefin dringt auf klare Regeln: keine kollektiven Gebete, keine religiösen Symbole.
Die Universität Duisburg-Essen wird noch in diesem Jahr an beiden Standorten einen provisorischen „Raum der Stille“ einrichten. Am Campus Essen, so Uni-Sprecherin Beate Kostka, sollen dafür Flächen im so genannten R-Bereich an der Universitätsstraße genutzt werden, in denen bislang Folkwang-Studenten untergebracht waren.
Die Nutzungsordnung für die geplanten Räume der Stille sei fast fertig. Demnächst würden sich die Gremien – Rektorat und Senat – mit dem Papier befassen. Die Frage, welche Spielregeln in diesen Räumen künftig herrschten, lässt die Sprecherin noch unbeantwortet. „Studierende sollen sich in diesem Raum in aller Stille zurückziehen und zu sich kommen können.“
Seit der überraschenden Schließung des muslimischen Gebetsraumes vor genau zwei Jahren ist der damals versprochene „Raum der Stille“ ein Politikum.
Vorstoß muslimischer Gruppen für Gebetsraum
Denn als sich das Rektorat nach einem Jahr immer noch nicht rührte, preschte im vergangenen Jahr die damalige AStA-Vorsitzende Nadine Bendahou („Internationale Liste“) vor. Sie wollte am Campus Duisburg einen von acht AStA-Räumen umwidmen in einen „Raum der Stille und des Gebets“. So wäre quasi durch die Hintertür wieder ein Gebetsraum entstanden – auch als Zugeständnis an einflussreiche Muslim-Gruppen. Der Islamische Studierendenbund (ISB) in Essen und der Islamische Studierenden Verein (ISV) in Duisburg hatten eigens eine „Initiative für interreligiösen und interkulturellen Dialog“ (IfiiD) ins Leben gerufen, die sich für den Gebetsraum stark machte.
Der umstrittene Vorstoß der AStA-Chefin und der Muslim-Gruppen rief umgehend das Rektorat auf den Plan. Es kündigte an, kurzfristig wenigstens provisorische Räume der Stille einrichten zu wollen. Die Sprecherin betont erneut, dass es sich um eine freiwillige Maßnahme der Universität handele, sie sei keineswegs verpflichtet, solch einen Raum einzurichten.
AStA-Chefin: „Das Ausleben von Religion sollte nicht hier an der Uni stattfinden“
Carlotta Kühnemann, seit einer Woche neue Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA), steht dem geplanten provisorischen „Raum der Stille“ ablehnend gegenüber, denn für sie sei die Hochschule ein „säkularer Ort“. „Die Universität ist ein Ort von Wissenschaft, Forschung und Lehre – das Ausleben von Religion sollte nicht hier stattfinden“, sagt die 22 Jahre alte Soziologie-Studentin, die der unabhängigen Linken Liste angehört.
Um zu verhindern, dass die Räume der Stille von einer Konfession dominiert würden, müsse die künftige Nutzungsordnung klare Regeln definieren. Carlotta Kühnemann: „Die Räume sind Rückzugsorte und Räume der Meditation, es darf darin keine kollektiven Gebete geben und keine religiösen Symbole. Sie müssen für alle Konfessionen frei zugänglich sein.“
>>> DIE UNIVERSITÄT UND DER GEBETSRAUM
Der 2016 geschlossene Gebetsraum (R 12 T04 E96) in Essen wurde auf islamischen Internetseiten als Moschee geführt – „mit separaten Eingängen für Männer und Frauen“.
Das Rektorat begründete die Schließung mit dem Hinweis auf etliche Moscheen in Campusnähe. Die Uni selbst versteht sich als „Ort der Toleranz und des friedlichen Miteinanders“.