Essen. . Vor einem Jahr wünschte sich Loveth Benson aus Nigeria eine Wohnung für sich und ihren Sohn. Inzwischen haben sie ein Zuhause in Essen gefunden.

Er ist als erstes Kind des Jahres 2016 zur Welt gekommen, und seither als Neujahrsbaby bekannt, weil wir immer wieder über sein Schicksal berichtet haben. Doch Michael Osamudiamen ist kein Baby mehr, sondern ein lebhaftes Kleinkind, das jetzt seinen zweiten Geburtstag feiern konnte. Im eigenen Zuhause, das sich seine Mutter vor einem Jahr so sehnlich gewünscht hatte.

Loveth Benson (37) stammt aus Nigeria, ihr Sohn Michael Osamudiamen kam im Elisabeth-Krankenhaus zur Welt. Wenige Tage nach seiner Geburt kehrte die junge Mutter mit ihm in das Flüchtlingsheim im Opti-Park zurück, später kamen die beiden kurz im Zeltdorf unter. Ende 2016 wohnten sie in einem komfortableren Heim in einem Zimmer mit Kochecke. Weil der Raum jedoch klein war, und Michael einen starken Bewegungsdrang entwickelte, erzählte Loveth Benson uns vor einem Jahr, ihr größter Wunsch für 2017 sei eine eigene Wohnung.

Andere Kinder trifft er nur in der Kirchengemeinde

Dieser Wunsch sollte im April in Erfüllung gehen: Mutter und Kind leben seither in einer geräumigen Wohnung in Altendorf. Zahlreiche Leser halfen ihnen mit Möbelspenden, ihr neues Zuhause einzurichten. Dort konnte die Mutter zu Michaels zweiten Geburtstag in der vergangenen Woche ein Fest ausrichten: „Wir haben mit Freunden aus unserer Kirchengemeinde gefeiert“, erzählt Loveth Benson und zeigt auf dem Handy Fotos, die Michael mit den Gästen zeigen. Das Kind in Sonntagsstaat, auf dem Tisch eine Torte in Form einer 2, an der Wand eine Happy-Birthday-Girlande, die auch jetzt noch das Wohnzimmer schmückt.

Dort steht nun auch ein großer Fernseher, auf dem während unseres Besuchs Zeichentrickfilme laufen. Michael rennt auf den Bildschirm zu, ahmt die Bewegungen von Tom und Jerry nach, verliert das Interesse. Womöglich muss der Fernseher zu oft als Spielkamerad herhalten. „Andere Kinder trifft er nur in unserer Gemeinde“, erzählt seine Mutter. Nach Gottesdienst oder Bibelkurs wolle er da gar nicht weg, weil dort so viele Kinder seien.

Im Jahr 2018 will Loveth Benson endlich Deutsch lernen

Wenn es das Wetter zulasse, gehe sie jeden Tag mit ihm auf den Spielplatz, das genieße Michael. Aber in den letzten regenreichen Wochen sei er viel zu Hause gewesen, „und da ist ja kein anderes Kind“. Im April werde sie ihn in einer Kita im Viertel anmelden. Dort könnte der Zweijährige nicht nur Freunde finden, sondern auch Deutsch lernen. Bisher unterhält sich seine Mutter mit ihm in ihrem nigerianisch eingefärbten Englisch.

Mit ihrem Englisch kommt Loveth Benson im Alltag halbwegs zurecht. „Aber richtig kommunizieren kann ich ohne Deutsch natürlich nicht.“ Kontakte zu Essenern habe sie auch nach zwei Jahren kaum. Gäbe es nicht das unglaublich engagierte ältere Ehepaar aus Heisingen, das sich bis heute um Mutter und Kind kümmert, wäre die beiden noch isolierter. 2017 hat Loveth Benson nur ein paar deutsche Worte aufgeschnappt. Jetzt will sie ihre Kenntnisse in einem Deutschkurs mit Kinderbetreuung verbessern und spätestens wenn Michael die Kita besucht, ernsthaft mit dem Deutschlernen beginnen.

Die beiden großen Kinder sind bei der Oma in Nigeria

Zwei Jahre sind vergangen, und noch immer klingen manche Pläne von Loveth Benson vage. So träumt sie davon ihren großen Sohn (12) und ihre Tochter (5), die bei der Großmutter in Nigeria leben, nach Essen zu holen. In ihrer jetzigen Situation sei das unmöglich, aber sie hoffe, eines Tages als Kassiererin zu arbeiten „oder als U-Bahnfahrerin: Das ist ein toller Job“.

In der Realität im Januar 2018 hat sie ein Foto der beiden Großen, die herzzerreißenden Gespräche am Bildtelefon – und Michael, der sich endgültig vom Fernseher abgewendet hat, am Fenster steht und fasziniert die Männer mit Laubbläsern vor dem Haus beobachtet. Wovon Michael wohl träumt?

>>>> WAS IST AUS IHREN TRÄUMEN UND PLÄNEN GEWORDEN?

In unserer Serie „Essener und ihre Wünsche für 2017“ stellten wir vor einem Jahr verschiedene Menschen mit ihren Vorhaben, Hoffnungen und Erwartungen für das Neue Jahr vor: Von der Existenzgründerin bis zur Sportlerin.

Nun, zwölf Monate später, haben wir unsere Gesprächspartner von damals noch einmal besucht, um zu schauen, was aus ihren Träumen geworden ist. Ihre Geschichten stellen wir rund um den Jahreswechsel vor.