Essen. . Abschied von Pfeifen Schilde: Das Essener Tabakwarengeschäft schließt. Nachfolger für das über 100 Jahre alte Familienunternehmen gibt es nicht.

Teure, handgerollte Zigarren, handgefertigte Pfeifen, erlesener Tabak und Zigarillos – jahrzehntelang war Pfeifen Schilde ein Mekka für Raucher aus der ganzen Region. Doch damit ist jetzt Schluss: Das familiengeführte Traditionsgeschäft an der Kastanienallee in Essen schließt Ende Dezember für immer seine Pforten.

Seit seinem 16. Lebensjahr arbeitete Udo Schilde im Familienunternehmen, in das später auch seine Frau Brigitte eintrat.
Seit seinem 16. Lebensjahr arbeitete Udo Schilde im Familienunternehmen, in das später auch seine Frau Brigitte eintrat. © Jörg Schimmel

Das liege allerdings nicht daran, dass Raucher langsam aussterben, beteuert der jetzige Inhaber Udo Schilde. Ganz im Gegenteil: „Mein Geschäft läuft äußerst gut, ich habe viele Stammkunden. Außerdem ging es bei uns niemals um Suchtbefriedigung. Ich verkaufe schon lange keine Zigaretten mehr, sondern Rauchgenuss in höchster Form. Der Wunsch danach ist ungebrochen“, beteuert der 70-Jährige.

Der Grund für die Schließung habe eher etwas mit seinem Alter zu tun: „Ich möchte noch ein paar schöne Jahre mit meiner Frau verbringen, reisen und mich meinen Hobbys widmen.“ Leider gebe es keinen Nachfolger in der Familie, geschweige denn einen solventen Käufer, bedauert Udo Schilde.

Mit 16 in das väterliche Geschäft eingestiegen

Pfeifen Schilde lebte überwiegend von Stammkunden, die aus dem ganzen Ruhrgebiet in die nördliche Innenstadt kamen.
Pfeifen Schilde lebte überwiegend von Stammkunden, die aus dem ganzen Ruhrgebiet in die nördliche Innenstadt kamen. © Jörg Schimmel

Der hat sein ganzes berufliches Leben an der Kastanienallee in der nördlichen Innenstadt verbracht: Mit 16 ist er in das väterliche Geschäft eingestiegen, das vor über 100 Jahren von seinen Urgroßeltern gegründet wurde. Damals war es allerdings noch ein Kolonialwarenhandel auf der Stoppenberger Straße.

Irgendwann vor dem Zweiten Weltkrieg zogen die Schildes an die Kastanienallee, wann genau, weiß Udo Schilde nicht mehr. Alle alten Unterlagen und Fotos wurden durch einen Bombenangriff vernichtet, der auch das Haus bis auf die Grundmauern zerstörte.

Aus dem Kolonialwarenladen wurde langsam ein Fachhandel für Tabakwaren

Unter seinem Großvater und Vater wurde nicht nur alles wieder aufgebaut. Auch der Kolonialwarenladen wandelte sich langsam in einen Fachhandel für Tabakwaren. Aber erst mit dem passionierten Pfeifenraucher Udo Schilde, der das Geschäft gemeinsam mit Ehefrau Brigitte führt, zog die Spezialisierung ein.

Vor dem Zweiten Weltkrieg zog Pfeifen Schilde an die Kastanienallee.
Vor dem Zweiten Weltkrieg zog Pfeifen Schilde an die Kastanienallee. © Dominik Göttker

Formschöne Pfeifen aus edlen Hölzern, dazu handgemischte Spezialtabaksorten – dafür war Pfeifen Schilde in all den Jahrzehnten über die Grenzen der Stadt bekannt. Und natürlich für seine kubanischen Zigarren, für die Udo Schilde extra einen begehbaren Humidor bauen ließ, wo eine beständige Luftfeuchtigkeit von 75 Prozent herrscht.

Schilde erlebte auch den sukzessiven Niedergang der nördlichen Innenstadt

Doch Schilde erlebte in den 1960er und 1970er Jahren auch den sukzessiven Niedergang der nördlichen Innenstadt. Immer seltener bummelte Laufkundschaft an seinem Laden vorbei. „Gott sei Dank war ich damals schon nicht mehr darauf angewiesen, hatte eine ständig wachsende Stammkundschaft, die aus allen Teilen der Stadt kam.“

Schildes Tabak gibt es weiterhin im Internet

Das letzte Mal öffnet Pfeifen Schilde am Samstag, den 31. Dezember, von 10 bis 14 Uhr seine Pforten.

Ganz wird Pfeifen Schilde nicht verschwinden: Zumindest die eigenen Tabakmischungen können künftig über einen Internetshop, aber auch via Email oder telefonisch bestellt werden.

Bestellung: www.pfeifen-schilde.de, Mail: bestellung@pfeifen-schilde.de

Es sollte lange dauern, bis auch die Stadt die Problematik zur Kenntnis nahm und damit begann, die Nordstadt aufzuwerten. „Lange Zeit waren das GOP, mein Nachbar Lederwaren Brecklinghaus und ich die einzigen, die die Fahne hier hochhielten.“

Erst mit dem Abbruch des gegenüberliegenden Parkhauses an der Rottstraße, dem Neubau der Kastanienhöfe an gleicher Stelle und der Renovierung der Kreuzeskirche kam wieder etwas mehr Leben in diesen Teil der City. Das hat auch Udo Schilde gespürt: Was ihn trotzdem nicht davon abgehalten hat, nun endlich in den Ruhestand zu treten.

Wieder verschwindet ein Essener Traditionshaus

„Keine Frage: Ich hätte es natürlich viel lieber gesehen, wenn das Familienunternehmen weitergeführt worden wäre. Wenn nicht von meinen Kindern, so wenigstens von einem geeigneten Käufer. Beides hat leider nicht geklappt.“

So geht mit Udo Schilde die Ära Pfeifen Schilde zu Ende, verschwindet wieder einmal ein Essener Traditionshaus für immer. Viele gibt es jetzt nicht mehr in der Stadt.