Essen. . Hinweise auf ein konkretes Anschlagsziel haben sich bislang nicht ergeben. Am Mittwoch soll klar sein, ob die Verdächtigen in Haft müssen.

  • Bei Razzien in vier deutschen Städten wurden sechs mutmaßliche Terroristen aus Syrien festgenommen
  • Im Essener Südviertel war ein Spezialeinsatzkommando an den Wohnungsdurchsuchungen beteiligt
  • Essener Verdächtiger reiste im Spätsommer 2015 aus Syrien ein und wurde bereits observiert

Bei Razzien in vier deutschen Städten hat die Polizei am frühen Dienstagmorgen sechs mutmaßliche Terroristen aus Syrien festgenommen. Die 20 bis 28 Jahre alten Asylbewerber sollen nach Überzeugung der federführenden Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt als Anhänger der Terrormiliz IS eine schwere staatsgefährdende Straftat vorbereitet haben, indem sie einen öffentlichen Anschlag in Deutschland planten.

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Betonklötze stehen am Dienstag (21.11.17) in Essen auf dem Willy-Brandt-Platz vor dem im Aufbau befindlichen Weihnachtsmarkt. Foto: Volker Hartmann/FUNKE Foto Services
Von Gerd Niewerth, Martin Spletter und Hubert Wolf

Diverse Mobiltelefone, Laptops und Dokumente wurden bei der konzertierten Aktion in Essen, Kassel, Hannover und Leipzig sichergestellt. In Essen waren gleich zwei Wohnungen das Ziel der Ermittler, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Mittag.

Hinweise auf ein konkretes Anschlagsziel hätten sich nach einer ersten Durchsicht der Materialien bis zum Nachmittag allerdings nicht ergeben, stellte Christian Hartwig, Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft, mit Blick auf diverse Medienberichte klar, wonach durch die Festnahmen ein angeblich bevorstehender Terrorakt auf dem Essener Weihnachtsmarkt vereitelt worden sein soll.

„Ich möchte das Ganze als Ente bezeichnen“

Noch deutlicher wurde in diesem Zusammenhang der Sprecher der Essener Polizei: „Ich möchte das Ganze als Ente bezeichnen“, sagte Ulrich Faßbender nach Rücksprache mit dem Staatsschutz seiner Behörde.

Der jüngste der Verdächtigen konnte durch ein Spezialeinsatzkommando in einer Wohnung nahe der Essener Innenstadt festgesetzt werden. Der Mann soll im Zuge der Flüchtlingswelle im Spätsommer 2015 nach Deutschland gekommen sein.

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Nach seinem Asylantrag einen Monat nach seiner Einreise wurde der Syrer nach Informationen dieser Zeitung bereits eine Weile observiert, als er Fotos von zentralen öffentlichen Gebäuden in Essen machte – unter anderem fotografierte er als angeblicher Architekturstudent das Einkaufszentrum Limbecker Platz in der Innenstadt, das bekanntlich nach einer Terrorwarnung im März evakuiert und geschlossen wurde.

Kein Zusammenhang zur Terrorwarnung im März

Verbindungen des 20-Jährigen zu dem Oberhausener Islamisten René Imram Q., der vor acht Monaten zu einem Anschlag auf die Essener Shopping-Mall aufgerufen und so für den Großeinsatz der Sicherheitskräfte gesorgt haben soll, gibt es nach Auskunft der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt aber nicht: „Mir ist kein Zusammenhang bekannt“, sagte deren Sprecher Christian Hartwig auf Nachfrage.

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An der Anti-Terror-Razzia waren mehr als 500 Polizeibeamte beteiligt. Die bei den Durchsuchungen sichergestellten Speichermedien werden nun weiter ausgewertet. Zeitgleich vernehmen die Ermittler die sechs Verdächtigen und befragen Zeugen.

Über einen möglichen Haftbefehl gegen die Syrer soll voraussichtlich am Mittwoch entschieden werden, hieß es in Frankfurt. Kommen die Männer zeitnah wieder auf freien Fuß, dürfte dies als ein sicheres Indiz dafür gelten, dass die angeblichen Anschlagspläne auf den Essener Weihnachtsmarkt oder auch das Einkaufszentrum Limbecker Platz zwar denkbar, aber nicht real waren, und die mutmaßlichen Terroristen tatsächlich noch kein konkretes Ziel ins Visier genommen hatten.

Nicht als sogenannte „Gefährder“ eingestuft

Sie galten den Behörden bislang eher als unauffällig und wurden offenbar nicht als sogenannte „Gefährder“ eingestuft. Bei den jüngsten Durchsuchungen fanden sich keinerlei verbotene Waffen und auch keine Substanzen, die sich für einen Sprengstoffanschlag eigneten.

Dass die Ermittler ihre Hinweise auf die sechs Verdächtigen aus Flüchtlingskreisen bekommen haben sollen, wurde bislang nicht bestätigt.