Essen. Wie sollen die Flüchtlingskinder in Kitas und Schulen untergebracht werden? Die SPD sah den Essener Norden mit dieser Aufgabe überfordert.
Mit Unbehagen erinnert sich Karlheinz Endruschat an den Herbst 2015. Für den SPD-Ratsherrn zeichnete sich da ab, dass man Tausende Flüchtlingskinder in Kitas und Schulen unterbringen müsse. Ihm sei klar gewesen: „,Wir schaffen das’ ist Blödsinn!“ In der Öffentlichkeit habe damals jedoch noch eine große Euphorie geherrscht: „Es war leider überhaupt nicht opportun, irgendwelche Bedenken zu äußern.“
Die SPD habe damals versucht, vorhandene Probleme zu lösen – angesprochen habe sie sie nicht. Endruschat, der Sozialarbeiter ist und in Altenessen lebt, nimmt die Rolle des Problemlösers gern an – und verzweifelt an ihr. Der Essener Norden trage seit Jahrzehnten die Lasten der Integration und habe auch den Zuzug von über 20 000 Menschen in jüngster Zeit weitgehend geschultert. „Und dann haben uns Leute aus Süd-Stadtteilen, wo kein Flüchtling lebt, den Vorwurf gemacht, wir seien ausländerfeindlich.“
Endruschat: Die Analyse war richtig, das Motto falsch
Das geschah Anfang 2016, als die frustrierten Genossen jenseits der A 40 eine Demo ankündigten: „Der Norden ist voll“. Ein unangemessenes Motto, gibt Endruschat zu: „Aber die Analyse war richtig!“ Trotzdem habe es kein Verständnis seitens der Parteispitze gegeben, im Gegenteil: Die damalige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) habe klar gemacht, dass der Protestzug unterbleiben müsse. „Es war ein Redeverbot, das dazu beitrug, dass die Lage eskalierte und Guido Reil die SPD Richtung AfD verließ“.
Von einer Zerreißprobe seiner Partei mag Endruschat nicht reden, wohl von einem „historisch herausragenden Konflikt“ – der bundesweite Aufmerksamkeit auf die Strukturprobleme Essens gelenkt habe. Bis heute ungelöste Probleme, wie der Aufschrei der Schulleiter aus dem Norden gezeigt habe. Endruschat: „Wir müssen Flüchtlingskinder mit Bussen in Schulen im Süden bringen.“