Essen. . In den nächsten zehn Jahren scheidet jeder vierte Mitarbeiter in den städtischen Ämtern aus. Erschwerend: Kommunen werben sich Beschäftigte ab.
- In den nächsten zehn Jahren scheidet jeder vierte Mitarbeiter in den städtischen Ämtern aus
- Erschwerend kommt hinzu: Kommunen werben sich Beschäftigte ab
- Stadtverwaltung will sich deshalb als Arbeitgeber interessanter machen
Der Stadtverwaltung droht in den kommenden Jahren ein akuter Personalmangel. „Wir werden allein altersbedingt sehr viel Personal verlieren und stehen vor großen Herausforderungen“, meint Personaldezernent Christian Kromberg. Gleichzeitig ist die Konkurrenz unter den Städten und Behörden gewachsen, qualifiziertes Personal zu finden. Die Flüchtlingskrise hat dies zusätzlich verschärft.
Die demografische Entwicklung schlägt im Essener Rathaus ab 2018 erstmals spürbar zu: Von den heute rund 9300 Mitarbeitern in der Kernverwaltung werden ab dann jährlich deutlich mehr in Rente gehen, als in den Jahren zuvor. Bis zum Jahr 2023 verlassen altersbedingt rund 1500 Beschäftigte den Arbeitgeber Stadt. Bis 2026 wird es schon jeder Vierte gewesen sein, wie aus dem aktuellen Personalbericht der Verwaltung hervorgeht.
Der demografische Hammer trifft Essen dabei in besonderem Maße. Aufgrund des Spardiktats und des damit verbundenen massiven Personalabbaus in den vergangenen Jahren wurden frei werdende Stellen nicht nachbesetzt. „Diesen Preis zahlen wir jetzt“, meint Kromberg. Der Altersdurchschnitt sei in der Verwaltung mit 46 Jahren insgesamt sehr hoch, in manchen Ämtern liege er bereits bei über 50 Jahren. Besonders betroffen sei der technische Dienst, beispielsweise die Bauverwaltung.
Altersschnitt bei 46 Jahren
Erschwerend kommt hinzu, dass wegen der Flüchtlingskrise die Aufgaben in vielen Behörden teils dramatisch gestiegen sind und sich Städte und Behörden gegenseitig Mitarbeiter abwerben. In Essen haben im vergangenen Jahr 55 Mitarbeiter die Verwaltung verlassen, weil sie eine besser dotierte Stelle in einer anderen Behörde – meist einer Landesbehörde – gefunden haben. „In einem Jahr haben wir dadurch mehr Mitarbeiter verloren als in den vergangenen fünf Jahren zusammen“, so Kromberg. Besonders gefragt auf dem kommunalen Arbeitsmarkt sind derzeit Sozialarbeiter, Erzieher oder Ingenieure.
Dieser Sondereffekt bei der Abwanderung ist dramatisch, da auf der anderen Seite zwar 80 Auszubildende und Studenten in Essen übernommen wurden, somit aber nur 25 Stellen blieben, um der altersbedingten Fluktuation vorzubauen.
Bürger spürt schon heute die Personalprobleme
Schon heute spürt der Bürger, den massiven Jobabbau und die Personalprobleme in der Verwaltung. Die Schließung von Bürgerämtern, die längere Bearbeitung von Bauanträgen oder die völlig überlastete Ausländerbehörde sind nur einige Beispiele dafür.
Hinzu kommt ein chronisch hoher Krankenstand in den Amtsstuben. Im Durchschnitt liegt er bei 7,1 Prozent. Das heißt von 100 Mitarbeitern sind 7,1 krank. Damit liegt Essen unter den Großstädten mit an der Spitze. Auch hier werde die demografische Entwicklung deutlich, vermutet Kromberg. „Ältere Mitarbeiter sind zwar nicht häufiger krank, aber meistens länger.“
Damit die Auswirkungen der Personalknappheit für den Bürger aber auch für die Mitarbeiter nicht noch dramatischer werden, muss die Stadt vorbauen. Kromberg hat dazu einen Maßnahmenkatalog erarbeitet, der zum Ziel hat, als Arbeitgeber attraktiver zu werden. Dabei geht es nicht darum, mehr Personal einzustellen. Das verbietet sich für Essen schon wegen der geltenden Sparvorgaben aus dem Stärkungspakt.
Allein die Aufgabe, die altersbedingte Fluktuation aufzufangen, wird aber eine Herausforderung sein. „Das Thema Arbeitnehmerfreundlichkeit ist mittlerweile in allen Kommunen angekommen und auch Essen wird sich hier noch steigern müssen“, sagt Kromberg.
WAS DIE STADT GEGEN DIE PERSONALNOT TUN WILL
Ausbildung: Soll deutlich ausgebaut werden. Unter anderem bietet die Stadt Studienabbrechern und Absolventen, die sich nach dem Studium umorientieren wollen, eine 18-monatige Qualifikation zu Verwaltungsfachwirten an.
Mitarbeiterbindung: Gegenüber Arbeitgebern auf dem freien Markt sind Städte bei der Bezahlung wenig konkurrenzfähig. Deshalb geht es darum, anderweitig zu punkten: Die Stadt denkt über eine Betriebskita nach, bietet Homeoffice an oder „Führung in Teilzeit“. So sollen Frauen für die Verwaltung gewonnen werden.
Befristete Jobs: Sie sind im Konkurrenzkampf kontraproduktiv. Deshalb soll schneller als bislang entfristet werden.
Digitalisierung: Sie soll die Verwaltung entlasten und wird ausgebaut.