Essen. . Tageseltern ärgern sich darüber, dass sie unter anderem für Raummiete für die Stadt Essen in Vorkasse gehen müssen – und auf ihr Geld warten müssen.
- 2093 Kinder unter drei Jahren werden in Essen von 627 Tageseltern betreut
- Kritik: Jugendamt ist unterbesetzt, Tageseltern müssen lange auf ihr vorgestrecktes Geld warten
- Außenstände sollen laut Stadt noch bis zum 20. Oktober beglichen werden
Wenn es um die Betreuung von Kleinkindern geht, sind Tagesmütter für die Stadt unverzichtbar: Um 2093 Kinder unter drei Jahren (U3) haben sich 627 Tagesmütter und -väter im vergangenen Kita-Jahr gekümmert. Umso mehr ärgern sich die Tageseltern, dass sie immer wieder für die Stadt in Vorkasse treten müssen, teils mit hohen Beträgen.
Die Interessengemeinschaft Kindertagespflege (IG) will darum am Dienstag, 10. Oktober, im Rathaus einen Protestbrief an Sozialdezernent Peter Renzel und Oberbürgermeister Thomas Kufen übergeben.
„Schon seit Jahren beobachten wir, dass die wirtschaftliche Abteilung im Jugendamt, die für die Abrechnung mit uns zuständig ist, erheblich unterbesetzt ist“, sagt die Sprecherin der IG, Rebecca Eggeling. Dabei seien zwischen 2011 und 2016 in Essen 1411 neue U3-Plätze in der Tagespflege geschaffen worden – und die Zahl steige weiter. Naturgemäß sei damit auch der bürokratische Aufwand gewachsen, betont Rebecca Eggeling.
Tagesmütter erhalten Betreuungssatz pro Kind
Wie für einen Kita-Platz erhebt das Jugendamt auch für einen Platz in der Tagespflege die einkommensabhängigen Elternbeiträge. Den Tagesmüttern zahlt das Jugendamt pro Kind einen Betreuungssatz, der – abhängig zum Beispiel von der Stundenzahl – zwischen etwa 600 und 1000 Euro betragen kann.
Daneben erhalten die Tageseltern zum Beispiel Mietkostenzuschüsse und eine hälftige Erstattung von Krankenkassen- und Rentenversicherungsbeiträgen.
Je nach dem, ob eine Tagesmutter in der heimischen Wohnung Kinder betreut oder mehrere Tageseltern im Verbund arbeiten und eigens eine Wohnung für eine größerer Kindergruppe mietet, fallen die Beträge sehr unterschiedlich aus. Vor allem zu Beginn des neuen Kita-Jahres im August, wenn viele neue Verträge mit Eltern geschlossen werden, stehen im Jugendamt aufwendige Berechnungen an.
Selbst langjährige Tageseltern erleben, dass Zahlungen ausbleiben – oft monatelang, sagt Eggeling. Die IG erhalte dann von vielen ihrer 300 Mitglieder besorgte Anrufe.
Stadt hat Schulden bei Tagesmüttern
„Im vergangenen Jahr habe ich fünf Monate auf die Sozialversicherungsbeiträge gewartet“, sagt etwa Tagesmutter Marion Scheidtsteger. Aktuell habe die Stadt noch 1000 Euro Schulden bei ihr, zuvor war es schon fast dreimal so viel. „Ohne meinen Ehemann könnte ich das nicht abfedern.“ Ähnliche Berichte hat die IG Kindertagespflege auch von anderen Betroffenen gehört: Auf über 50 000 Euro summierten sich die Außenstände aktuell bei gut befragten 30 Tageseltern.
„Es sind tatsächlich Rückstände bei den Sozialversicherungsbeiträgen entstanden. Teils über zwei, drei Monate“, bestätigt Jugendamtssprecher Peter Herzogenrath. Die drei Mitarbeiter in der zuständigen Abteilung hätten zum Start des Kita-Jahres im August eine besonders hohe Arbeitsbelastung. Aber: „Bis zum 20. Oktober werden alle Außenstände beglichen sein“, verspricht Herzogenrath.
Stadt verweist auf fehlerhafte Anträge
Eine gute Nachricht für die Betroffenen. Dennoch möchten die das Thema grundsätzlicher behandelt wissen: „Seit Jahren erstellt die Stadt Leistungsbescheide, die in ihrer Form nicht zulässig sind und zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand auf Seiten der Kindertagespflegepersonen führen“, heißt es im Brief der IG an den Oberbürgermeister und Sozialdezernent. Wenn Essen die Bescheide nach dem Vorbild anderer Kommunen korrekt erstellte, könnte man die Mitarbeiter erheblich entlasten.
Natürlich gebe es auch Tageseltern, die fehlerhafte Anträge beim Jugendamt einreichen und so Mehrarbeit verursachen. Die IG schule ihre Mitglieder aber sorgfältig, damit diese ihren Papierkram professionell erledigten, betont Andrea Belusa vom IG-Vorstand. Man könne erwarten, dass auch die Stadt das „enorm bürokratische Verfahren“ vereinfache.
Am Dienstag hoffen die Tagesmütter auf einen Austausch mit den Verantwortlichen. Die könnten ja kein Interesse haben, sie in existenzielle Nöte zu bringen: „Damit würden sie dringend benötigte Betreuungsplätze gefährden.“