Essen. Stadt korrigiert die Mieterhöhung nach Modernisierung im Hörsterfeld. Unklar ist, ob Forderungen des Eigentümers rückwirkend rechtens sind.

  • Vonovia übernahm Wohnungen im Hörsterfeld und Mieterhöhung des Voreigentümers
  • Prüfung der Stadt ergab zu hohe Durchschnittsmiete, Mieter sollen neue Bescheide bekommen
  • Auch korrigierte Miete ist für Betroffene mit Leistungsbezug zu hoch, 100 fürchten Zwangsumzug

Auch nach einer Mieterversammlung bleiben für die 176 Mietparteien im Hörsterfeld viele Fragen offen – zahlreiche Betroffene müssen sogar einen Zwangsumzug fürchten. Anlass für die Versammlung war eine umstrittene Mieterhöhung, die die Stadt jetzt überprüft und korrigiert hat. Der neue Hauseigentümer Vonovia will nun neue Bescheide verschicken, kündigt Robert Stellmach, Regionalleiter bei der Vonovia an: „Denn der Vorbesitzer hat einen Fehler gemacht.“

© Michael Korte

Nach einer Modernisierung in den Häusern am Von-Ossietzky-Ring und am Baumertweg hatte der frühere Besitzer Convert im Dezember 2016 die Miete nämlich um 25 Prozent erhöht. Das bedeutet eine Durchschnittsmiete von 5,70 Euro pro Quadratmeter für die Sozialmieter.

Vonovia will Fragen in Einzelgesprächen klären

Nach der Korrektur durch die Stadt darf diese nun nicht mehr als 5,50 Euro betragen. Vonovia will nun nicht nur jedem Mieter einen korrigierten Bescheid zusenden, sondern auch jeden Einzelfall im Gespräch klären, so lautet das Angebot der Wohnungsgesellschaft.

Doch schon jetzt herrscht Uneinigkeit darüber, ob Vonovia die höhere Miete überhaupt rückwirkend verlangen darf. Die Betroffenen sollen die höhere Miete, wie bereits der Vorbesitzer Convert forderte, ab Dezember 2016 zahlen. Die Mietergemeinschaft akzeptiert das nicht, so kritisiert deren Geschäftsführerin Siw Mammitzsch: „Das halten wir für eine rechtlich unzulässige Mieterhöhung, da der Schriftsatz von Convert nur ganz grob die vorgenommenen Arbeiten auflistet.“ Eine solche Erhöhung müsse genau berechnet und erläutert werden. „Und diese Erläuterungen müssen deutlich detaillierter und verständlich auch für die Mieter sein“, lautet ihr Hauptargument gegen die rückwirkende Forderung. Ihrer Rechtsauffassung nach müsse Vonovia eine ganz neue Mieterhöhung stellen, die erst in Zukunft wirksam wird.

Viele der Mieter erwarten genau diese Lösung und sind bereit, die korrekte neue Miete zu zahlen. Hart trifft es jedoch mehr als die Hälfte der Mieter, die auf Sozialleistungen angewiesen sind. Sie würden über dem Höchstsatz liegen, den das Jobcenter trägt – und wären damit zu einem Umzug gezwungen. „Wo soll ich denn eine andere, günstige Wohnung finden?“, fragt etwa Michael Mantel (49) besorgt. Die Suche sei eine enorme Belastung, ergänzt ein junger Mann: „Und Vonovia nimmt mir einfach meine Wohnung weg!“

Versammlung in aufgewühlter Atmosphäre

Die Gesellschaft bestreitet das, es gebe eine für alle gangbare Lösung,

Sie beantworteten Fragen (v.li.): Siw Mammitzsch, Mietergemeinschaft, Isabell- Maria Markus sowie Robert Stellmach vom Wohnungsunternehmen Vonovia.
Sie beantworteten Fragen (v.li.): Siw Mammitzsch, Mietergemeinschaft, Isabell- Maria Markus sowie Robert Stellmach vom Wohnungsunternehmen Vonovia. © Arend

erklärt Isabell-Maria Markus, stellvertretende Regionalleiterin bei Vonovia: Zwar erhöhe sich die Kaltmiete, dank der energetischen Sanierung seien aber erheblich niedrigere Heizkosten zu erwarten – letztlich bleibe sich die Gesamtsumme gleich oder sinke sogar. Man wolle darüber mit der Stadt verhandeln; im Eltingviertel habe ein solches Konzept bereits funktioniert: Die Sozialmieter durften bleiben.

Siw Mammitzsch warnt allerdings, dass die Zeit dränge. Entwarnung gibt es für die Sozialmieter also keineswegs. Dass die Versammlung ohnehin in einer sehr aufgewühlten Atmosphäre stattfand, dazu trugen auch zahlreiche weitere Sorgen der Mieter bei. Seit langem beklagen sie Missstände in ihren Häusern: eine mangelhafte Flurreinigung, Vermüllung, Rattenfallen auf Spielplätzen. Selbst über die für sie kostspielige Sanierung werden bereits Klagen laut: „Die Wärmedämmung kommt überall ‘raus und das Styropor fliegt mir um die Ohren“, sagt eine junge Frau. Mehrfache Meldungen hätten nichts bewirkt. Und das Schlimmste, da sind sich alle einig: „Wir haben hier keinen Ansprechpartner.“

>>ABSPRACHE DER NACHBARN UND VONOVIA-SPRECHSTUNDE

Nach der Versammlung rät Siw Mammitzsch von der Mietergemeinschaft Betroffenen mit Nachdruck zu zwei Vorgehensweisen: Mit Blick auf die Einzelgespräche zwischen Mieter und Vermieter sollte es unter den Nachbarn unbedingt Absprachen geben, sagt sie. „So können Mieter Vereinzelungsstrategien vorbeugen.“ Zudem werde sich auch die Mietergemeinschaft mit den neuen Bescheiden befassen.

Bei allen weiteren Missständen oder Mängeln sollten Mieter ihre Anliegen nicht telefonisch, sondern stets schriftlich einreichen. „Das ist als Nachweis hilfreich, wenn ein Mangel nicht beseitigt wird und beispielweise eine mögliche Mietminderung nach sich ziehen kann.“

Vonovia bietet eine Sprechstunde für Mieter ab dem 19. Oktober an, die dann immer donnerstags, 15 bis 17 Uhr, angeboten wird. Der Ort soll im Anschreiben bekannt gegeben werden.