Essen. . Nach dem Anschlag auf ein türkisches Café in Essen-Kray hat am Montag der Prozess begonnen. Die Staatsanwaltschaft sieht ein politisches Motiv.

  • Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen ist am Montag der Prozess gegen sechs Jugendliche gestartet
  • Sechs Jugendlichen wird vorgeworfen, im November einen Molotowcocktail in ein Café geworfen zu haben
  • Eine Angeklagte behauptet, sich zur Tatzeit in Duisburg gewesen zu sein

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat am Montag im Landgericht Essen der zweite Prozess um den Brandanschlag auf ein türkisches Café in Kray begonnen.

Vor der Jugendkammer der 24. Großen Strafkammer müssen sich sechs Angeklagte im Alter zwischen 16 und 19 Jahren – darunter zwei junge Frauen – wegen des Vorwurfs des versuchten Mordes und der versuchten schweren Brandstiftung verantworten. Auffällig: Keiner von ihnen stammt aus Essen, einige waren zur Tatzeit erst fünfzehn. Angesetzt sind 25 Verhandlungstage bis Ende Januar 2018.

Zuschauer sowie die Eltern der Angeklagten verfolgen das Geschehen im Saal N001 hinter gepanzerten Scheiben. Mehrere Polizisten und Justizwachtmeister sind abgestellt, um eventuelle Handgreiflichkeiten zu verhindern.

Kurden-Prozess: Auftakt ohne Zwischenfälle

Vor dem Haupteingang des Justizgebäudes stehen ein Mannschaftswagen der Polizei und vorsorglich auch ein Rettungstransporter. Doch der Prozessauftakt geht ohne Zwischenfälle über die Bühne, die Teenie-Angeklagten winken und lächeln ihren Angehörigen zu.

Die Sechs – eingerahmt von jeweils zwei Strafverteidigern – beanspruchen zwei Stuhlreihen in dem langgezogenen Gerichtssaal. Die meisten sind bis zu dem Brandanschlag vom 4. November 2016 noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten.

Jetzt muss der Vorwurf des versuchten Mordes wie Mühlsteine auf ihren Schultern lasten. Anstatt die Schulbank zu drücken, eine Lehre zu absolvieren oder abends auf Partys zu gehen, sitzen sie schon seit einem halben Jahr in Untersuchungshaft.

Staatsanwaltschaft geht von politischem Hintergrund aus

Die Staatsanwaltschaft Essen geht davon aus, dass der Molotowcocktail-Anschlag in Kray einen politischen Hintergrund hat. Die meisten der überwiegend kurdischstämmigen Angeklagten sollen mit der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK sympathisieren. Auf die türkische Teestube in der Hubertstraße 285 könnten sie es abgesehen haben, weil der Besitzer angeblich nationaltürkisch eingestellt sei. Die Ermittlungen des Staatsschutzes legen nahe, dass schwere innertürkische Konflikte auch in Essen ausgetragen werden – und auf blutige Weise eskalieren.

Von Dumme-Jungen-Streichen ist in der Anklageschrift nicht die Rede. Staatsanwalt Volker Widhammer hält der Gruppe vor, auf heimtückische Weise versucht zu haben, „Menschen zu töten“.

Wer von ihnen die Brandsätze in die Teestube geschleudert hat, ist unklar. Aber für die Anklage steht fest, dass sich die Sechs über soziale Medien verabredet und den Tatort in Kray am Tag zuvor inspiziert hatten. Auch die aufwändige Beschaffung der Tatwerkzeuge – 24 Metallzylinder, Hämmer, Feuerwerkskörper, Einweghandschuhe, Bierflaschen für die Molotowcocktails sowie Benzin – wird ihnen zur Last gelegt.

Treffen vor dem Anschlag auf dem Spielplatz

Vor der Tat hätten sie sich nahe dem Kita-Spielplatz Fünfhandbank/Hausmannweg getroffen und seien gegen 22 Uhr – mit Mützen und Tüchern vermummt - zum nahegelegenen Café gezogen. Zuerst flogen die Metallzylinder durchs Fenster, dann die Brandsätze hinterher. Zum Glück wurde nur einer der acht anwesenden Gäste an der Hand verletzt, als er das Feuer löschte. Danach sollen die Täter in Richtung A 40 geflüchtet sein.

Eine der angeklagten Frauen ließ durch ihren Verteidiger mitteilen, dass sie sich zur Tatzeit bei ihrer Mutter in Duisburg aufgehalten habe. Die anderen schwiegen., deuteten aber eine Aussage zu einem späteren Zeitpunkt an.

Der Prozess wird diesen Freitag fortgesetzt.