Essen. . Kanalerneuerung im Walpurgistal: Wo einst ein einbetonierter Bach floss, erstreckt sich jetzt eine renaturierte Landschaft. Ein Rückblick.
Das Walpurgistal im Spätsommer: Bienen summen, ein Schmetterling tanzt über Margeriten und eine farbenprächtige Libelle steht flügelschlagend über dem Bachlauf. Die Idylle findet man genau da, wo noch vor zwei Jahren der einbetonierte Rellinghauser Mühlenbach das Tal zwischen Rüttenscheid, Bergerhausen, Rellinghausen und Stadtwald durchzog. Eben dort erstreckt sich jetzt die liebliche Auenlandschaft. Sie ist das grüne Ergebnis einer über zweijährigen umfangreichen Baumaßnahme, in deren Verlauf auf einer Strecke von über zwei Kilometern ein neuer Abwasserkanal verlegt wurde.
Als die Stadtwerke 2014 ihre Pläne für das Mammutprojekt den Anwohnern des Walpurgistales vorstellten, war die Skepsis erst einmal groß. Für die dringend notwendige Kanalsanierung mussten über 1000 Bäume gefällt werden; zudem gab es Befürchtungen wegen des ruhestörenden Schwerlastverkehrs. Denn die neuen Abwasserrohre haben einen Durchmesser von bis zu 3,60 Meter und konnten nur mit Spezialfahrzeugen angeliefert werden. Die durften allerdings nur bis sechs Uhr morgens unterwegs sein, entsprechend erfolgte die Anlieferung nachts.
Anlieferung der Rohre mit Spezialfahrzeugen
Um alle Unklarheiten auszuräumen und die Bewohner des Tales zu informieren, suchten die Stadtwerke von Anfang an den Dialog. Und veranstalteten in der Folgezeit zahlreiche Infoabende, führen ein digitales Baustellentagebuch und luden die Bürger zur Baustellenbegehung ein.
Dennoch mussten die Anwohner und die Pächter der Schrebergärten, die sich wie ein Band durchs Tal ziehen, viel Geduld aufbringen. Denn auf der Baustelle wurden in den vergangenen zwei Jahren mehr als 70 000 Kubikmeter Erde bewegt und 1000 Rohrstücke mit einer Länge von 2,5 Kilometern in die Erde verlegt. Dazu wurde eine provisorische Abwasserleitung platziert. „Wir haben dafür Spezialbagger eingesetzt, die in einem Zug eine Rundung in den Boden gezogen haben und dort das Rohrstück einsetzten“, erklärt Zia Omar, der als leitender Ingenieur das Bauprojekt plante und begleitete.
Zudem wurde ein Wirbelschachtbauwerk unter der Erde errichtet, das die Höhe eines fünfstöckigen Gebäudes hat. Dort läuft das Abwasser wie in einem Schneckengehäuse kontrolliert über eine Höhendifferenz von 8,5 Metern nach unten in den Kanal. „Würde man das Abwasser über diese Höhe wie einen Wasserfall nach unten stürzen lassen, dann würde dies auf Dauer den Kanal stark beschädigen“, so Zia Omar.
Abwasser wird über eine Hebeanlage gepumpt
Mittlerweile sind der erste und zweite Bauabschnitt abgeschlossen, hat ein Landschaftsplanungsunternehmen das Bachbett angelegt und die Flächen ökogerecht bepflanzt. In der letzten Bauphase, die hinter der S-Bahn-Unterführung beginnt und bis zur Birkenstraße reicht, entsteht gerade das letzte große Schachtbauwerk.
Bis das fertig ist und der neue Kanal an den schon bestehenden, der in das Bauwerk hineinragt, angeschlossen werden kann, wird das Abwasser über eine Hebeanlage ins neue System gepumpt.
„Wir rechnen damit, dass wir im ersten Quartal 2018 endlich fertig sind“, so Omar. Solange bleibt auch das Bachbett noch trocken. Erst wenn der letzte Bagger abgezogen ist und alle Schächte verschwunden sind, darf der Mühlenbach wieder murmelnd fließen.