Essen. . Die Fusion der Verkehrsgesellschaften aus Essen und Mülheim ist ein politisches Signal und ein Versprechen – kostet aber erstmal viel Geld.

  • Essener Verkehrs-AG und Mülheimer Verkehrsgesellschaft fusionieren am 1. September
  • Gesellschaftsrechtliche Neuordnung und Änderung der Marken verursachen erstmal Kosten
  • Alte Schriftzüge verschwinden nach und nach von Fahrzeugen, Haltestelle und Automaten

Die Evag heißt ab Freitag Ruhrbahn, das traditionsreiche Essener Nahverkehrsunternehmen – 1954 aus der Süddeutschen Eisenbahngesellschaft hervorgegangen – fusioniert mit der benachbarten Mülheimer Verkehrsgesellschaft (MVG) zu einem gemeinsamen Verkehrsbetrieb. Wer es pathetisch mag, nennt diesen 1. September einen historischen Tag.

Die Fusion ist für die Macher ein politisches Signal

Die Fahrgäste, die ab Betriebsbeginn an den Haltestellen warten, werden davon aber kaum etwas merken. Busse und Bahnen sind nach wie vor gelb lackiert, nur auf den wenigsten ist bereits der neue Name zu lesen. Drei Monate soll es dauern, bis der alte Schriftzug von allen Fahrzeugen, Ticketautomaten und Haltestellen verschwunden ist.

Für die Macher in den Rathäusern ist die Fusion ein politisches Signal. Nach zwei letztlich gescheiterten Anläufen mit „Meoline“ und „Via“ wollen sie den Beweis antreten, dass sie im Ruhrgebiet, wo die Kirchtürme längere Schatten werfen als anderswo, doch gemeinsame Sache machen können. Es ist Hoffnung und Versprechen, dass sich der Standard im Nahverkehr zumindest halten lässt, gerne auch mehr als das. Die Geschäftsführer Michael Feller und Uwe Bonan formulieren ein ehrgeiziges Ziel: „Unser Anspruch ist, die Ruhrbahn zum Mobilitätsanbieter für die Region weiter zu entwickeln.“

Erst einmal kostet die Fusion Geld. Die Kosten für die gesellschaftsrechtliche Neuordnung und die Änderung der Markennamen werden sich auf 1,5 Millionen Euro summieren, heißt es aus der Ruhrbahn-Zentrale.

Dass Kritiker, wie der ehemalige Evag-Vorstand Wolfgang Meyer, in Frage stellen, dass es sich bei der Zusammenführung beider Unternehmen tatsächlich um eine Fusion handelt, sei auch an dieser Stelle nicht unerwähnt. Fließen die Einnahmen aus dem Ticketverkauf doch nicht in eine Kasse, sondern werden in Essen und Mülheim getrennt verrechnet. Auch die Konzessionen für die zu erbringende Nahverkehrsleistung liegen nicht etwa in einer Hand. Bei der Ruhrbahn erklären sie dies mit dem steuerlichen Querverbund, den es in beiden Städten zu erhalten galt. Verluste im Nahverkehr sollen weiterhin verrechnet werden können mit Gewinnen anderer Stadttöchter – das war Bedingung.

Kritiker sprechen von einer Mogelpackung

Wohin steuert nun die Ruhrbahn? Die Herausforderungen liegen auf der Hand: Mobilität ändert sich. Die Ruhrbahn will und muss deshalb mehr bieten als eine Verbindung mit Bus oder Bahn von A nach B. Intermodalität heißt das Schlagwort. Es geht um die intelligente Vernetzung verschiedener Verkehrsmittel. Die Eröffnung einer zweiten Mobilitätsstation mit ÖPNV, Rad und E-Mobilen am 19. September am S-Bahnhof Steele ist nur ein nächster Schritt.

Über allem steht die Digitalisierung, die auch den öffentlichen Personen-Nahverkehr rasant verändern wird. „Alles wird individueller“, heißt es. Nahverkehr „on demand“, also auf Bestellung, bei der ein Bus nicht an der nächsten Haltestelle hält, sondern vor der eigenen Tür, wird in Metropolen bereits erprobt. Auch in Essen denken sie in diese Richtung.

Das klingt nach ferner Zukunftsmusik. Und ist doch so nah. Die Ruhrbahn will dem begegnen. Ob es dafür einer Fusion bedurfte, sei dahin gestellt. Im Erzhof, dem Hauptquartier der neuen Gesellschaft an der Zweigertstraße, sind sie überzeugt, dass sie als größerer Player bessere Karten haben.