Essen. . Für die Essener Einzelhändler ist es längst üblich, dass Kunden mit dem eigenen Getränkebecher ihren Kaffee holen. Die Politik will ein Pfandsystem.

  • Viele Kunden bringen mittlerweile ihren eigenen Becher mit, wenn sie Coffee to go kaufen.
  • Politik möchte Kampagne zur Abfallreduzierung starten und innerstädtisches Pfandsystem einführen.
  • Uni Duisburg-Essen entwickelt App, die Kunden auf umweltfreundliche Einzelhändler hinweisen soll.

Ob Caffè Latte, Cappuccino oder Latte Macchiato: Auch in Essen gibt es an jeder Ecke einen Coffeeshop, an dem sich die Kunden in Pappbechern den Kaffee zum Mitnehmen holen können. Dass die Umwelt darunter leidet, ist nicht neu. Wohl aber, dass immer mehr Kunden sich über die großen Abfallmengen Gedanken machen und nach Alternativen suchen. Und die Einzelhändler stellen sich darauf ein.

Beim Kaffee-Riesen Starbucks ist es seit Jahren üblich, den eigenen Becher mitzubringen. „Das machen bei uns sehr viele Kunden“, so eine Mitarbeiterin in der Filiale am Theaterplatz. Schon seitdem Starbucks in Deutschland ansässig sei, also seit 2002, sei es den Kunden möglich, die Getränke im eigenen Behälter zu kaufen. Selbst die eigene Tasse von zuhause kann mitgebracht werden. 30 Cent weniger zahlt man, wenn kein Pappbecher verwendet werden muss. „Mich haben irgendwann die überquellenden Mülleimer in der Innenstadt so gestört, dass ich einen Keramikbecher gekauft habe, den ich jetzt immer mitbringe“, erzählt Simon Lehrmann, der bei Starbucks in der Schlange wartet.

Immer mehr Kunden bringen ihren eigenen Becher mit

Bei „Rewe to go“ ist es seit etwas mehr als einem halben Jahr möglich sein, sich die Heißgetränke in den mitgebrachten Becher füllen zu lassen. 10 Cent weniger bezahlen die Kunden dann. Und laut dem Verkaufsteam der Filiale an der Kettwiger Straße nutzen immer mehr Kaffeeliebhaber dieses Angebot. „Viele fragen nach und ärgern sich auch, wenn sie ihren Thermosbecher mal vergessen haben“, erzählt eine Verkäuferin.

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Auch die Bäckerei Kamps hat dieses Angebot, Kunden sparen ebenfalls zehn Cent. Bei „Backwerk“können Kaffeeliebhaber ihre eigenen Behälter mitbringen, einen Rabatt erhalten sie allerdings nicht. „Ich hole jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit einen Espresso und habe einfach ein besseres Gefühl, seitdem ich meinen Becher selbst mitbringe“, meint Alisa Meler, die mit ihrem Getränk vor der Bäckerei Döbbe im Einkaufscenter Limbecker Platz steht.

Uni Duisburg-Essen probt App zur Abfallreduzierung

Die Essener Politik ist längst auf die große Anzahl von Pappbechern und die damit einhergehende Umweltbelastung aufmerksam geworden. CDU und SPD möchten mit einem gemeinsamen Antrag den Verbrauch reduzieren. Für die Grünen sind Ideen wie ein innerstädtisches Pfandsystem zwingend notwendig, um die Anzahl der Pappbecher zu reduzieren. Städte wie Freiburg und München nehmen dabei eine Vorreiterrolle ein.

„Davor soll allerdings noch eine Kampagne stehen, an der sich möglichst viele Kioske, Einzelhändler und Bäcker beteiligen“, so Rolf Fliß, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Verkaufsstellen von Coffee-to-go, die anbieten eigene Becher zu nutzen, sollen dann durch ein einheitliches Kampagnenlogo erkennbar sein. „Diese Verpackungen wurden erfunden, weil es gerade hip war. Es wird Zeit, dass sie wieder verschwinden“, meint Fliß.

Innerstädtisches Pfandsystem soll Abhilfe schaffen

Estelle Fritz sieht das ähnlich. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Duisburg-Essen hat als Beitrag zum Grünen-Hauptstadt-Jahr den Workshop „Zero Waste“ geleitet, wo sie mit Studenten eine App zum Thema Abfallvermeidung entwickelte. Sie soll noch in diesem Jahr auf den Markt kommen. Dort können Verbraucher sich dann informieren, welche Essener Geschäfte umweltfreundlich agieren. „Wir wollen wegkommen von der Einstellung, dass man als einzelner Verbraucher nichts verändern kann“, erklärt Fritz.

Nächster Schritt, so betont auch Fliß, müsse ein innerstädtisches Pfandsystem für Trinkbecher sein. „Mit einem einheitlichen Becher, den Kunden an vielen Stellen in der Stadt abgeben könnten und für den sie eine Pfandgebühr zurückerhielten, könnte die Menge an Pappbechern weiter reduziert werden“, so Fliß.

Pappbecher überholt Plastikbecher als Abfallverursacher

Drei Milliarden Einwegbecher werden laut der Deutschen Umwelthilfe pro Jahr deutschlandweit weggeschmissen. Jeder Verbraucher nutzt und entsorgt im Schnitt 130 Einwegbecher für Limonade, Bier, Kaffee oder Tee.

106.000 Tonnen Abfall fielen für to-go-Getränke inklusive Deckel und Strohhalm an. Damit hat der Becher die Plastiktüte als Abfallverursacher überholt. Von den Tüten werden rund 95.000 Tonnen jährlich verbraucht.