Essen. . Die Markierung der Essener Aussichtspunkte mit Beton-Stelen hätte in der Natur nichts verloren, kritisieren einige Bürger.
Die Beton-Stelen an Essener Aussichtspunkten haben bei den Bürgern spontan nicht gerade viel Anklang gefunden. Im Netzwerk Facebook gab es jedenfalls auf die Frage unserer Zeitung, wie die drei Meter hohen Marksteine denn gefallen, ausnahmslos Kritisches. „Diese Betonklötze haben nichts mit Grün oder Natur zu tun“, heißt es da, oder: „Ich finde es frech, für sowas Geld rauszuwerfen und auch noch die Landschaft zu verschandeln.“ Ein anderer ahnt, was kommen könnte: „Ziemlich hässlich, und die zu erwartenden Schmierereien werden die Dinger nicht hübscher machen.“ Oder es heißt lapidar: „Kein gelungener Beitrag zur Grünen Hauptstadt.“
Stelen sollen Aussichten markieren
Die künstlerische Aussage der Steine liegt auf der Hand: Wie bei einem Ausrufezeichen soll der Spaziergänger auf einen Blick erkennen: Achtung, hier ist eine schöne Aussicht! Gestaltet wurde die Stele vom gelernten Landschaftsarchitekten Ulrich Falke, der bei Grün und Gruga arbeitet. Er griff dabei das Logo der Grünen Hauptstadt auf – ein Entwurf seines Bruders Klaus, der im Hauptberuf als Designer bei der Evag tätig ist.
Das Logo zeigt mehrere grüne Linien, kombiniert mit zwei blauen, die für Ruhr und Emscher stehen. Zwischen den beiden Flüssen hatte der Stadtplaner Robert Schmidt einst Grünzüge geschaffen, die sich an natürlichen Tälern und Bachläufen orientierten. Umweltdezernentin Simone Raskob spricht von „grünen Kraftbändern“. Bis heute prägen sie die Stadt Essen, den Bürgern dienen sie als beliebte Erholungsflächen.
Zwei verschiedene Varianten entworfen
Diese Kraftbänder stellen auch die Stelen dar, die als Projekt der Grünen Hauptstadt an Aussichtspunkten im Stadtgebiet aufgestellt werden. 31 Aussichtspunkte wurden ausgeguckt. Vier davon bleiben allerdings ohne Stele, weil die Grundstückseigentümer ihre Zustimmung verweigerten.
Die Stelen mögen spontan an einen riesigen, etwas zu schmal geraten Stuhl erinnern. Tatsächlich sollen sie auch als Sitzgelegenheit dienen. Ulrich Falke hat zwei verschiedene Varianten entworfen. Einmal ragt die Lehne neben dem Sitzblock wie ein aufrecht stehender Balken drei Meter in die Höhe. 1,4 Tonnen wiegt dieses Werk.
Bei der zweiten Ausführung fehlt die Lehne, gleicht die Stele einem Bänkchen. An vier Aussichtspunkte wird diese Variante aufgestellt – mit Rücksicht auf die Standorte, wie es heißt, denn die liegen in Naturschutzgebieten.
Stelen bestehen aus Recycling-Beton
Die Stelen bestehen aus Recycling-Beton. Das Material fand also schon einmal Verwendung, bevor es in ein Kunstwerk gegossen wurde. Gewählt wurde der Baustoff, weil er anders als zum Beispiel Holz sehr stabil und langlebig ist.
Verankert werden die Stelen in einer zwei Tonnen schweren Bodenplatte. Was nicht verhindern konnte, dass an der Münstermannstraße in Gerschede bereits eine Stele umgeworfen wurde, kurz nachdem sie aufgestellt worden war. Die Verankerung war noch nicht ausgehärtet, heißt es bei Grün und Gruga...
Spezieller Schutzfilm gegen Graffiti auf den Stelen
Mit Vandalismus haben die Macher durchaus gerechnet. Ein spezieller Schutzfilm gegen Graffiti soll verhindern, dass sich andere Künstler – oder solche, die sich dafür halten – auf den Stelen verewigen können. Mitte September sollen alle stehen. Dann sollen auch die Infotafeln fertig sein, die an jeder Stele angebracht werden und Auskunft über den jeweiligen Ort geben. Alles in allem kostet das Projekt 350.000 Euro.
„Die Idee ist toll“, lobt die Essener Bürgerin Gisela Weining auf Facebook, aber die Sitzgelegenheit hätte ihrer Ansicht nach gemütlicher und freundlicher sein können. „Ich würde eine Bank mit Rückenlehne bevorzugen, denn zum Verweilen gehört für mich, sich auch mal zurückzulehnen, und das ist hier leider nicht möglich.“
Immerhin: An der Korte-Klippe – und hoffentlich nicht nur da – sollen auch neue Bänke aufgestellt werden.