Essen. . Die Liegenschaft ist zur behördlich beschützten Bruchbude verkommen. Gebäude sind einsturzgefährdet, die Schäden überall sichtbar.
- Wie die Baukosten schießen die Bäume auf Dächern der Denkmal-Gebäude in die Höhe
- Nach dem Legionellen-Alarm müssen sich 300 Beamte drei Notduschen teilen
- Die Heizung läuft im Sommer auf Hochtouren, im Winter reicht die Wärme kaum aus
Regierungsbaurat Kleinpoppen hat alles gegeben. Noch in der Planungsphase ergattert sein Entwurf für die Landespolizeischule an der Norbertstraße bei einem Bauwettbewerb im Jahr 1929 den ersten Preis. Die gestaffelten und raumgreifenden Baublöcke in der Tradition des Bauhaus-Stils, gestützt von einem Stahlskelett, begeistern die damalige Architektur-Szene – und Denkmalschützer bis heute.
Die Wohn-, Schulungs- und Verwaltungsräume mit ihrer außergewöhnlich guten Lösung der gestellten Bauaufgabe, so heißt’s fast enthusiastisch, ließen einen harmonischen Gesamteindruck entstehen. Doch das Ensemble ist in die Jahre und die einst hochgelobte Funktionalität längst abhanden gekommen. Niemand hat sich gefunden, der der Zeit den Zahn zog, der ständig nagt.
Eine behördlich beschützte Bruchbude
Heute ist die Polizeischule eine behördlich beschützte Bruchbude, der tiefe Fall vom Vorzeigeobjekt zur Schamliegenschaft ein Trauerspiel zwischen den Fesseln des Denkmalschutzes und den finanziellen Herausforderungen von vorsichtig geschätzten 200 Millionen Euro Sanierungs- und Baukosten.
Die Summe zur Ertüchtigung ist binnen kurzer Zeit genau so in die Höhe geschossen, wie die zahlreichen Bäume und Büsche auf den Balkonen und Dächern der zum Erhalt verurteilten Kammgebäude ungehindert in die Luft sprießen. Auch wenn das Gestrüpp schon scherzhaft als Beitrag der Polizei zur Grünen Hauptstadt herhalten musste, so dokumentiert sein wildes Wachstum letztlich doch nur den Niedergang an der Norbertstraße.
Legionellen in den Wasserleitungen
Legionellen in den Wasserleitungen, ein deshalb dienstlich verordnetes Duschverbot, erst Waschcontainer, heute drei Notbrausen für 300 Beamte, Toiletten die mit heißem Wasser gespült werden. Und eine Heizung, die auch im Sommer auf Hochtouren läuft, es im Winter aber nicht schafft, für ein Fitzelchen Wohlfühlwärme zu sorgen. Dies sind nur ein paar Notizen aus der Endlos-Liste ganz realer Mängel aus dem Innern der Gebäude.
Doch drumherum sieht’s kaum besser aus. Das Parkhaus mit seinem im Land einmaligen überdachten 100-Meter-Schießstand ist genauso einsturzgefährdet wie die Durchfahrt über einem alten Kohlebunker oder das ehemalige Stallgebäude. Die Schneise, die der Sturm Ela in die Mauer zur nahen A52 schlug, ist immer noch zu sehen und führt dazu, dass die Polizei ihr ureigenstes Gelände seit Jahren gegen ungebetene Gäste bestreifen muss.
Die ehemals gute Stube der Polizeipferde ist heute eine Art Kuriositäten-Kabinett, in dem alte Möbel und allerhand Krimskrams gelagert werden, allerdings mit einem historisch offenbar immens wichtigen Vermächtnis: Die in die Fassaden eingelassenen Ringe zum Anbinden der Pferde stehen ebenfalls unter Denkmalschutz. Auf einer Seite des Stalles befinden sie sich in höchst auffälliger Bodennähe. Dass die Polizei tatsächlich auch mal Ponys geritten haben könnte, ist historisch allerdings nicht belegt, oder?
Der Kreispolizeibeirat will sich des Themas annehmen
Es sind Absurditäten und unhaltbare Zustände gleichermaßen, die nicht zuletzt durch den Denkmalschutz auf einem nichtöffentlichen Gelände zementiert werden und in Kürze den Kreispolizeibeirat beschäftigen werden, wie dessen Vorsitzender ankündigt. Peter Tuppeck (CDU) findet den Sanierungsstau ohne Ende in Sicht genauso „inakzeptabel und unzumutbar für die Beamten“ wie der Vorsitzende der Essener Gewerkschaft der Polizei (GdP), Heiko Müller. Es müsse zügig eine vernünftige Lösung her, heißt es unisono.
Dass gerade noch drei Arbeiter unter den staunenden Augen der Polizisten ein wenige Meter langes Geländer entrostet und frisch lackiert haben, dürfte dabei kaum das größte Hindernis für einen Abschied und Umzug in die Karstadt-Hauptverwaltung sein. Bemerkenswert ist nur, dass ausgerechnet diese Metallkonstruktion, der man sich vier Wochen lang widmete, als nicht erhaltenswert gilt. Aber soll doch keiner sagen, es würde nichts getan an der Norbertstraße.
Essener Polizeischule verfällt