Essen. . Die Essener Polizei sieht die politische Diskussion um gewisse Quartiere kritisch. Behörde wollte eine „Stigmatisierung“ eigentlich vermeiden.
- Der politische Disput um die so genannten „gefährlichen Orte“ verunsichert die Bürger
- Der Essener Polizei kommt die aktuelle Diskussion mehr als ungelegen
- Die Behörde befürchtet eine Stigmatisierung der betroffenen Quartiere
Der politisch getriebene Disput um die so genannten „gefährlichen Orte“ in einigen Städten des Landes verunsichert derzeit die Bürger, und der Essener Polizei kommt die aktuelle Diskussion mehr als ungelegen: Nach Berichten über die zwei lokalen Brennpunkte, die fortan als verrufen gelten, befürchtet Polizei-Chef Detlef Köbbel „eine Stigmatisierung“ Altendorfs und des Nordviertels.
„Es ist sicherlich kein Reklameschild, als gefährlicher Ort zu gelten“, sagte der Leitende Polizeidirektor jetzt in einem Gespräch mit dieser Zeitung.
Von sich aus hätte die Essener Polizei die beiden Quartiere in der Stadt öffentlich nicht benannt, betont sie. Deshalb hält sie sich auch bewusst zurück mit detaillierten Angaben zu den „drei bis vier“ betroffenen Straßenzügen.
Mehr Spielräume für die kriminelle Klientel
Doch nach einer Auflistung der gefährlichen Orte des Landes durch das Innenministerium als Antwort auf eine Anfrage eines CDU-Landtagsabgeordneten dauerte es nicht lange, bis die nördliche City, die Altendorfer wie die Helenenstraße in die Schlagzeilen gerieten.
Nicht nur Köbbel sieht darin eine Gefahr: Verfestigt sich das schlechte Image bestimmter Sprengel, bleiben Investitionen aus, leidet der lokale Handel und es sinken die Mietpreise. Was letztlich dazu führt, dass noch mehr Spielräume für jene kriminelle Klientel entstehen, gegen die die Behörden möglichst in enger Zusammenarbeit verstärkt vorgehen, um genau diese Entwicklung zu stoppen.
„Gefährlicher Ort“, das weckt Ängste und das Gefühl, zu einer „No Go-Area“, in die sich selbst die Polizei nicht mehr hineintraut, sei es nicht mehr fern. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall: Hat eine Behörde ein gewisses Gebiet zu einem gefährlichen Ort erklärt, schafft sie nach dem Polizeigesetz nicht nur eine Rechtsgrundlage, um an Brennpunkten gezielter eingreifen und auch Zwangsmaßnahmen durchsetzen zu können, erklärt der Leitende Polizeidirektor.
Eine sichere Rechtsgrundlage für polizeiliche Arbeit
Viel mehr zwinge sich die Polizei durch die Festlegung selbst dazu, mit mehr Beamten vor Ort konsequenter und dauerhaft durchgreifen zu müssen. Von einem rechtsfreien Raum könne daher nicht die Rede sein. Bei der Deklarierung eines gefährlichen Orts handele es sich schlicht um eine sichere Rechtsgrundlage für Polizisten, um aus Gründen der Gefahrenabwehr anlasslos Identitäten überprüfen oder Verdächtige durchsuchen zu können. Was bereits in „tausenden Fällen“, so Köbbel, passiert ist, seitdem in Essen im Herbst 2016 zwei verrufene Orte definiert wurden.
Die Wirkung der Maßnahmen wird spätestens alle drei Monate nach bestimmten Kriterien überprüft, versichern der stellvertretende Kripo-Chef Gerhard Bürgel und Polizeioberrat Bernd Loeffler. Gehen die Kriminalität und die Klagen aus der Bevölkerung spürbar zurück, wie es in Altendorf und in der nördlichen Innenstadt derzeit der Fall zu sein scheint, bewertet die Polizei die Lage neu.
Die gefährlichen Orte wechseln durchaus
Mit der Folge, dass die gefährlichen Orte in Essen durchaus wechseln können: Schon vor zehn Jahren zählte zwischenzeitlich das Nordviertel dazu, später griff das verschärfte Polizeirecht vorübergehend auch auf dem früheren Kirmesplatz an der Gladbecker Straße. Und für die Zukunft ist es nicht ausgeschlossen, dass das Gebiet um den Altenessener Bahnhof ebenfalls zu einem gefährlichen Ort erklärt wird.