Essen. . Zum Höhepunkt der Flüchtlingswelle, 2015, hat European Homecare kräftig verdient. Genauso schnell scheint der Boom auch wieder vorbei zu sein.
- Das Essener Unternehmen European Homecare hat währende der Flüchtlingskrise außerordentlich verdient
- Umsatz und Gewinn verfünffachten sich im Jahr 2015 nahezu
- Mit dem Abreißen des Flüchtlingsstroms versiegten die Gewinne mittlerweile wieder
Dass der Essener Asylheim-Betreiber European Homecare (EHC) zu den Nutznießern der Flüchtlingskrise gehörte, ist zunächst keine Überraschung. Wie stark das Unternehmen allerdings von der Zuwanderungswelle profitierte, erstaunt dann doch.
Wie jetzt veröffentlichte Zahlen aus dem Bundesanzeiger zeigen, erzielte EHC im Jahr 2015 – zum Höhepunkt der Krise – einen Gewinn von 25,6 Millionen Euro. Das war fünfmal mehr als im Jahr zuvor, als EHC noch 5,3 Millionen Euro im Geschäftsbericht ausgewiesen hatte. 2013 lag der Jahresüberschuss sogar nur bei 1,4 Millionen Euro. Zudem schüttete European Homecare im Jahr 2015 über 4,2 Millionen Euro an einen nicht genannten Gesellschafter aus. Auch das war eine fast fünfmal höhere Summe als im Vorjahr.
„Außergewöhnliches Geschäftsjahr“ für European Homecare
EHC spricht in seinem Geschäftsbericht 2015 selbst von einem „außergewöhnlichen Jahr für die Gesellschaft“. Das Unternehmen legte binnen eines Jahres ein unglaubliches Wachstum hin. EHC betreute nach eigenen Angaben damals 120 Asylheime und Flüchtlingsdörfer mit zusammen rund 25 000 Plätzen bundesweit. Im Jahresdurchschnitt arbeiteten 1174 Mitarbeiter für das Unternehmen. Im Vergleich dazu die Zahlen nur ein Jahr zuvor: 2014 zählte EHC noch 68 Betriebsstätten mit 7600 Plätzen und 412 Mitarbeiter. Der enorme Zuwachs zeigt sich folglich auch beim Umsatz: Dieser stieg binnen eines Jahres von 39 Millionen im Jahr 2014 auf fast 178 Millionen Euro. Ein Plus von 357 Prozent.
Auch in Essen war EHC für die Betreuung von Flüchtlingen zuständig und ist es bis heute. Ende Januar musste die Stadt Verträge mit EHC über die pauschale Vergütung in Flüchtlingszelten offenlegen. Sie zeigten, dass das Risiko doch sehr unterschiedlich auf die Vertragspartner verteilt war – freilich zu Gunsten von EHC . So wurde bei einer geringeren Belegung jeder Platz für die Stadt immer teurer; je nach Belegung 1146,06 bis zu 3819,55 Euro pro Person. Großzügig zeigte sich EHC allerdings gegenüber der Stadt, als diese 2016 drei Flüchtlingsdörfer vorzeitig schloss. Das Unternehmen erließ der Stadt die fälligen Pauschalen.
2017 rutscht European Homecare in die roten Zahlen
In einem Interview mit dieser Zeitung hatte EHC-Geschäftsführer Sascha Korte 2014 noch Vorwürfe zurückgewiesen, die Firma würde sich an der Flüchtlingskrise bereichern. Doch ist das nach den nun veröffentlichen Geschäftszahlen so noch haltbar? Für EHC-Sprecher Klaus Kocks haben die Aussagen Kortes weiter Gültigkeit: Für das gute Geschäftsergebnis sei allein die hohe Anzahl an Asylbewerbern verantwortlich, die 2015 ins Land kamen. „Und dafür ist Angela Merkel zuständig.“ Da EHC in vielen Ausschreibungen der wirtschaftlichste Anbieter gewesen sei, habe das Unternehmen eben auch viele Zuschläge von den Kommunen bekommen.
Zur Wahrheit gehört sicher auch, dass damals viele Städte froh waren, wenn ein Privater schnell Strukturen schaffen konnte, zu denen sie selbst so schnell nicht in der Lage waren. Auch soll EHC zum Höhepunkt der Krise die Preise nicht in die Höhe getrieben haben, heißt es aus Kreisen der Stadt.
Unumstritten war EHC dennoch nicht. Flüchtlingsorganisationen warfen dem Unternehmen mangelhafte Betreuung vor. In einem Heim in Burbach soll es gar zu Übergriffen von Wachpersonal auf Flüchtlinge gekommen sein. Die Staatsanwaltschaft hat mittlerweile Anklage gegen 38 Personen, darunter auch ehemalige EHC-Mitarbeiter, erhoben.
Derweil soll sich das Versiegen des Flüchtlingsstroms mittlerweile auch in der Bilanz von EHC niederschlagen. Laut Kocks erwartet EHC in diesem Jahr ein negatives Ergebnis, weil sich die Kosten nicht so schnell abbauen ließen. Erst 2018 gehe EHC wieder von einen ausgeglichenen Ergebnis aus.