Essen. . Ein Essener Bio-Metzger macht bei einem vom NRW-Umweltministerium unterstützten Forschungsprojekt mit. Es gibt männlichen Küken eine Chance.
- Bio-Fleischer macht bei Forschungsprojekt von NRW-Umweltministerium und FH Südwestfalen mit
- Damit sollen auch männliche Küken eine Chance auf artgerechte Haltung bekommen und nicht direkt getötet werden
- Das Verbot dieser bislang gängigen Praxis wird demnächst vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt
Gerade geschlüpft, werden jährlich bis zu 50 Millionen männliche Küken in Deutschland direkt getötet. Geschreddert. Da sie keine Eier legen, sind sie für die Nahrungsindustrie wertlos. Ein vom NRW-Umweltministerium unterstütztes Forschungsprojekt, an dem auch der Essener Metzger Bernd Burchardt beteiligt ist, sucht Alternativen zu dieser grausamen Praxis.
„Der Bereich Agrarwirtschaft der Fachhochschule Südwestfalen in Soest hat mich im vergangenen Jahr für das Projekt angefragt“, erklärt Burchhardt. Seit dieser Woche präsentiert er erste Produkte der „Aktion Bruderhahn“ in den Auslagen seiner beiden Filialen in Bergerhausen und Kupferdreh. Für Mettwürstchen, Leberkäse, Salami und Grillwürstchen hat er dabei das Fleisch männlicher Hühnerrassen genutzt. Tiere, die sonst erst gar nicht hätten aufwachsen dürfen.
„Bruderhähne“ dürfen zehn bis zwanzig Wochen leben
„Die Rassen wurden speziell zum Eierlegen gezüchtet. Dafür wachsen sie langsamer und verfügen nicht über so viel Fleisch“, erklärt Burchhardt. Entsprechend aufwendig sei die Aufzucht. Für das Forschungsprojekt werden zurzeit drei Rassen getestet, die an der Universität Bonn aufgezogen werden, die mit der FH Südwestfalen kooperiert. Dort leben die „Bruderhähne“ zehn beziehungsweise zwanzig Wochen, ehe sie geschlachtet werden.
Burchhardt nimmt das Fleisch ab und verarbeitet es weiter. „Mit meinen vier Meistern habe ich lange an verschiedenen Rezepten herumprobiert. Da wir als Bio-Metzgerei kein Phosphat zusetzen dürfen, bleiben uns nur die Temperatur und Gewürze, um Konsistenz und Geschmack zu beeinflussen“, erklärt Burchhardt. Er ist nun auf die Reaktionen der Kunden gespannt. Das Feedback fließt ebenfalls in die Forschungsergebnisse ein. Eine Zwischenbilanz soll nach den Sommerferien vorliegen.
Aus Sicht Burchhardts macht es einen Unterschied, ob ein Küken direkt nach dem Schlüpfen geschreddert oder Wochen später geschlachtet wird: „Das unmittelbare Töten widerspricht meiner Meinung nach dem Tierschutz. Außerdem wird die Achtung vor dem Leben zerstört.“ Anders sei das beim Schlachten, „vorausgesetzt, die Tiere wachsen unter guten Bedingungen auf“, schränkt Burchhardt ein.
Lösung: Rassen, die Eier legen und Fleisch ansetzen
Zum einen dürften die Tiere entsprechend lange leben, zum anderen würden sie schließlich noch genutzt. Ziel des Projekts sei, Wege zu finden, möglichst viele landwirtschaftliche Betriebe und Metzgereien zum Mitmachen zu bewegen. „Ich würde mir wünschen, am Ende auch Höfe in der Nähe zu finden, die mitmachen und die Tiere aufziehen“, sagt Burchhardt. Als ein Ergebnis zeige sich schon jetzt, dass sogenannte „Zweitnutzungsrassen“ eine Alternative böten. Als Hennen legten diese gute Eier, als Hähnchen setzten die Tiere gutes Fleisch an.
Eine Lösung, die auch das Umweltministerium um Johannes Remmel favorisiert. Dessen Versuch, das Schreddern per Erlass ganz zu verbieten, war im vergangenen Jahr vor dem Oberverwaltungsgericht Münster gescheitert. Demnächst befasst sich noch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit der Frage, ob das Töten männlicher Eintagsküken mit dem Tierschutzgesetz vereinbar ist. „Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, dieser tierquälerischen Praxis ein Ende zu setzen“, heißt es in einer Mitteilung von Remmel.