Essen. . Friedrich von Bohlen entstammt der Krupp-Dynastie und ist ein erfolgreicher Unternehmer: allerdings nicht in der Stahlbranche. Ein Porträt.
Er trägt den wohl berühmtesten Namen, den Essen hervorgebracht hat: Friedrich von Bohlen und Halbach, Jahrgang 1962, ist Spross der Krupp-Dynastie. Alfried Krupp, der letzte Krupp, ist sein Onkel und Bertha Krupp die Großmutter. Ein bekanntes Bild der Großfamilie aus den zwanziger Jahren zeigt seinen Vater Harald als Knaben im damals sehr beliebten Matrosenanzug.
Der Jahrzehnte lange Kampf um den Sitz für die Familie im Kuratorium der Krupp-Stiftung, das erbitterte und letztlich erfolglose Ringen mit Berthold Beitz, der ihn sogar mal hinauswarf, haben erstaunlicherweise keinerlei Blessuren hinterlassen. Er spricht für die gesamte Bohlen-Familie und erinnert daran, dass das Vermögen der Krupp-Dynastie in eben diese Stiftung geflossen sei. „Wir vertreten folglich immer noch die Auffassung, dass die Familie in der Krupp-Stiftung vertreten sein sollte.“
Noch nie gab es für die Bohlen-Familie einen Platz in der Krupp-Stiftung
Vor genau 50 Jahren, am 1. April 1967, hat Alfried Krupp bekanntgegeben, dass das Firmenvermögen in besagte Stiftung überführt werde. Seitdem hat kein einziger Von Bohlen und Halbach im Kuratorium gesessen. Dass die Chancen seit Beitz’ Ableben gestiegen sein könnten, zeichnet sich allerdings nicht ab. „Ich bin nicht sehr hoffnungsvoll“, gibt er offen zu.
Friedrich Bohlen – so schnörkellos unterzeichnet er seine Briefe – wirkt aufgeräumt und mit sich im Reinen. Beim Interview am Rande des Essener Gesundheitsforums trägt er helle Jeans, ein dunkles Sakko, das Hemd aufgeknöpft, darunter ein T-Shirt. Die schlanke Statur und das gescheitelte Haar verleihen ihm etwas Jungenhaftes. Doch hinter diesem lockeren Erscheinungsbild verbirgt sich in Wirklichkeit ein hart und viel arbeitender Unternehmer. Einer, der die Kruppschen Gene in sich trägt. Doch während seine Vorfahren ein Stahlimperium schmiedeten, wirkt der gelernte Chemiker Dr. Friedrich von Bohlen auf dem Feld der Bioinformatik.
„Ich bin so in der Modernität, wie Krupp es 1812 war“
„Ich habe einen brutal starken Willen“, sagt er. Er sei ehrgeizig und ambitioniert und verspüre dabei eine große soziale Verpflichtung. Prinzipien, die sehr an seine berühmtesten Vorfahren erinnern: an Friedrich und Alfred Krupp, Vater und Sohn, Firmengründer der eine, visionärer Schmied des damals größten Firmen-Imperiums der Welt der andere.
Es ist verblüffend, wie selbstbewusst er den Bogen vom Stahl-Friedrich zum Biotech-Friedrich spannt. „Ich bin so in der Modernität, wie Krupp es 1812 war. Was er damals mit Stahl gemacht hat, mache ich in der Biotechnologie.“
Sein Weg führt ihn bei Heimatbesuchen auf den Bredeneyer Familienfriedhof
Friedrich von Bohlen hat Essen schon mit 17 den Rücken gekehrt, seit langem lebt er in Heidelberg. Immer, wenn er in seine Vaterstadt kommt, zieht es ihn zum Familienfriedhof nach Bredeney. Seine Eltern liegen dort begraben und die anderen berühmten Vorfahren. Was ist es, das ihn mit den Legenden besonders verbindet? „Das unbedingte und überzeugte Gründertum von Friedrich, als keiner an ihn glaubte“, erwidert er spontan.
Wenn er über sein Heidelberger Unternehmen „Molecular Health“ redet, sprudelt es nur so aus ihm heraus. Er fachsimpelt von Erbgut und Eiweißen, von Genom-Strukturen und Mutationsmustern. Und von seiner Idee, die molekulare Komponente in die Diagnose und Behandlungsunterstützung einfließen zu lassen. Der medizinische Fortschritt, betont er, sei auf die Informationstechnologie angewiesen, auf „Big Data“ eben. „Es geht darum, Daten in Wissen zu übersetzen und ein Navigationssystem für Ärzte zu schaffen.“
SAP-Gründer Dietmar Hopp ist sein Unternehmenspartner
Mit seiner Vorgängerfirma, dem Bioinformatikunternehmen „Lion Bioscience“, ist er nach furiosem Aufstieg abrupt gescheitert. Rückblickend sagt er: „Ich war mit Lion Bioscience zehn Jahre zu früh auf dem Markt.“ Aber es ist eine Niederlage, die ihn nicht runterzieht, sondern im Gegenteil sogar noch stärker zu machen scheint. 2004 gründet er „Molecular Health“ und wird Vorstandschef, 2005 tut er sich mit dem charismatischen SAP-Gründer und TSG Hoffenheim-Sponsor Dietmar Hopp zusammen, der stark an Biotechnologie interessiert ist.
„Vom Genickbruch abgesehen ist praktisch jede Erkrankung molekular“, sagt Friedrich von Bohlen. Dass Krebs eines Tages gar „chronifiziert“ werde, sei längst keine Vision mehr, sondern Gewissheit. „Du stirbst nicht mehr an Krebs, weil du den Krebs in Schach hälst.“