Essen. . Das Verwaltungsgericht hat seine Drohung wahr gemacht und die verkaufsoffenen Sonntage gestrichen. Erste Veranstalter denken über Rückzug nach.
- Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat verkaufsoffene Sonntage gekippt. 28 Veranstaltungen betroffen
- Gericht folgte Eilantrag der Gewerkschaft Verdi. Einzelhandel fürchtet Nachteile für Stadtteile
- Einzelhandel sponsort Feste. Erste Werbegemeinschaften denken über Rückzug nach
Der Urteilsspruch ließ nicht lange auf sich warten: Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat am Montag alle für 2017 geplanten verkaufsoffenen Sonntage gekippt. Die 19. Kammer folgte damit einem Eilantrag der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi gegen die von der Stadt erlassene Satzung.
Die Entscheidung kam nicht überraschend. Der Vorsitzende Richter Peter Erker hatte bereits am vergangenen Freitag anlässlich eines Erörterungstermins angekündigt, dass die Kammer dazu tendiere, der Klage von Verdi stattzugeben.
Auch wenn der Stadt die schriftliche Begründung des Gerichtes noch nicht vorlag, geht Ordnungsdezernent Christian Kromberg nach eigenen Worten davon aus, dass in diesem Jahr kein verkaufsoffener Sonntag in Essen stattfinden wird.
Betroffen sind 28 Veranstaltungen an elf Sonntagen
Geplant waren stadtweit 28 Veranstaltungen an elf Sonntagen. Den Auftakt sollten am 2. April der Ostermarkt in der Innenstadt, der Tuchmarkt in Werden und die Altenessener Kirmes machen. Alle drei Veranstaltungen finden zwar statt, doch die Geschäfte bleiben nun zu.
Laut Kromberg wird die Verwaltung gemeinsam mit der Essener Marketing Gesellschaft (EMG) und dem Einzelhandelshandelsverband darüber beraten, wie es im kommenden Jahr weitergehen könnte. Auch das Gespräch mit Verdi will der städtische Beigeordnete suchen.
Für so manches Fest könnte es dann bereits zu spät sein. Der Vorstand der Werbegemeinschaft Kupferdreh will in Kürze darüber beraten, ob das Sonnenblumenfest in diesem Jahr noch stattfinden wird. Finanziert wird es vom örtlichen Einzelhandel, der sich nun die Frage stellt, ob das Engagement noch Sinn macht, wenn die Läden am Sonntag nicht öffnen dürfen. „Für den Stadtteil täte es mir sehr leid“, sagt die Vorsitzende der Werbegemeinschaft, Eva Großimlinghaus.
Ein dickes Fragezeichen steht auch hinter dem traditionellen Wottelfest, das jedes Jahr Ende August rund 20 000 Besucher nach Heisingen lockt. Eine fünfstellige Summe steuern Heisinger Geschäftsleute zum Gelingen bei. „Ohne diese Unterstützung lässt sich das Fest nicht finanzieren“, sagt Willy Schüssler von der Werbegemeinschaft Heisingen und macht aus seinem Herzen keine Mördergrube: „Wir sind sehr enttäuscht.“
Ein schwerer Schlag für den Einzelhandel
Rolf Krane von der Interessengemeinschaft (IGR) geht mit der Politik hart ins Gericht. „Man treibt Kunden nicht nur zu Amazon oder nach Holland, sondern entzieht vielen Stadtteilfesten auch die finanzielle Grundlage, weil sie vom lokalen Handel mit finanziert werden.“ Starke Stadtteile wie Rüttenscheid könnten damit noch leben. Für die meisten anderen sei die Entwicklung ein schwerer Schlag, so Krane.
Leon Finger vom Initiativkreis Steele sieht es ähnlich. „Mit dem Urteil müssen wir leben. Unser Veranstaltungsprogramm findet trotzdem statt.“ Finger weist jedoch daraufhin, dass laut Ladenöffnungsgesetz Geschäfte ausdrücklich an bis zu vier Sonntagen aus gegebenem Anlass öffnen dürfen. „Diese vier hätte ich aber dann auch gerne“, stimmt Andreas Göbel, Sprecher der Werbegemeinschaft Werden, zu.
Eberhard Kühnle von der Interessengemeinschaft Altenessen sieht den Gesetzgeber in der Pflicht. Andernfalls werde es nicht lange dauern, bis auch in Altenessen Sponsoren ihr Engagement zurückfahren werden.
„An einem Möhrenfest dürfte man Möhren verkaufen“
Unter den geltenden Vorgaben sei der gesetzliche Wille nicht umsetzbar, konstatiert Ordnungsdezernent Christian Kromberg, Denn die Stadt müsse nachweisen, dass Besucher ein Fest ausschließlich aus diesem Anlass aufsuchen und nicht etwa, weil die Geschäfte sonntags geöffnet haben. Auch dürften nur jene Läden sonntags aufmachen, deren Sortiment im Zusammenhang steht mit dem Anlass des Festes. „An einem Möhrenfest dürfte man Möhren verkaufen“, sagt Kromberg. Aber wäre Kunden und Einzelhandel damit gedient?
Wirtschaftsminister Garrelt Duin will Vertreter von Kommunen und des Einzelhandels in Kürze abermals an einen runden Tisch bitten.
Die Erwartungen, so ist zu hören, sind nicht allzu hoch. Im Mai wird in NRW gewählt. Und warum sollte sich die Landesregierung da mit Verdi anlegen?