Gelsenkirchen/Essen. . Nach einer Verdi-Klage muss Essen wohl alle 28 verkaufsoffenen Sonntage in diesem Jahr streichen. Köln tut es freiwillig.

Die Stadt Köln hat von sich aus ihre Planungen zurückgezogen, 30 verkaufsoffene Sonntage in der Millionen-Metropole zuzulassen. In Essen werden aller Voraussicht nach Gelsenkirchener Verwaltungsrichter dafür sorgen, dass in diesem Jahr die Geschäfte in der Stadt sonntags geschlossen bleiben. Das ließen sie am Freitag nach einem Erörterungstermin durchblicken.

Mit dem generellen Stopp verkaufsoffener Sonntage in Essen und Köln erreicht der Streit um das sonntägliche Einkaufsvergnügen einen neuen Höhepunkt. In einigen Dutzend Fällen hatte die Gewerkschaft Verdi in NRW bislang erfolgreich gegen einzelne Veranstaltungen geklagt. So mussten etwa das Centro in Oberhausen und das Rhein-Ruhr-Zentrum in Mülheim zum Jahresbeginn ihre verkaufsoffenen Sonntage kurzfristig abblasen. In Essen wollen Richter nun erstmals die gesamte Verordnung mit 28 Terminen im gesamten Stadtgebiet kassieren.

Kommunen können Besucherzahlen nicht nachweisen

Wie in den anderen Fällen auch können die Kommunen nicht nachweisen, dass etwa ein Stadtfest der Anlass für einen verkaufsoffenen Sonntag ist und mehr Gäste anziehen wird als die offenen Läden. So steht es im Gesetz. „Wenn viel mehr Menschen zu den verkaufsoffenen Sonntagen kommen als zum eigentlichen Anlass, etwa ein historisches Fest, dann lässt sich die Störung der Sonntagsruhe in dieser Form nicht mehr rechtfertigen. Folglich ist der verkaufsoffene Sonntag abzusagen“, sagte Peter Erker, Richter der 19. Kammer am Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, dieser Zeitung.

Die Gewerkschaft Verdi, die die Klagewelle losgetreten hat, begrüßt erwartungsgemäß die klare Einschätzung des Verwaltungsgerichts. „Der Sonntag darf nicht zum Alltag werden“, sagte NRW-Sprecher Günter Isemeyer dieser Zeitung. Er weist den Vorwurf zurück, dass Verdi verkaufsoffene Sonntage grundsätzlich abschaffen will. „Wenn alles den Gesetzen entspricht, dann werden wir auch nichts dagegen unternehmen. Bislang haben wir aber kein Verfahren verloren.“

Ein Prozent des Jahresumsatzes am Sonntag

Das komplizierte Gesetz stellt die Stadtverwaltungen jedoch vor schwierige Aufgaben. Sie müssen Besucherströme voraussagen und die Bedeutung von Veranstaltungen einschätzen, haben dafür in den Rathäusern aber nicht das Know-how. NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) hat den Kommunen deshalb eine „Handreichung“ zugesagt, die nach Verzögerungen in der nächsten Woche fertig sein soll. „Die Städte brauchen Rechtssicherheit“, so Duin.

Eine Änderung des NRW-Ladenöffnungsgesetzes, wie sie der Handelsverband fordert, lehnt die Landesregierung bislang ab. Dabei wächst unter den Kaufleuten die Sorge vor wirtschaftlichen Einbußen. „An jedem verkaufsoffenen Sonntag machen einige Einzelhandelsunternehmen ein Prozent des gesamten Jahresumsatzes. Wenn er gestrichen wird, ist das ein deutliches Loch, das nicht wieder zu stopfen ist“, warnt Michael Radau, Präsident des Handelsverbands NRW. Vor allem die Möbel- und die Textilbranche, betont Marc Heistermann vom Einzelhandelsverband Ruhr, seien auf den Sonntagsverkauf angewiesen.