Essen. . Angeblich kassieren die Erben von Astrid Lindgren, wenn eine Kita „Villa Kunterbunt“ heißt. Das könnte für einen Träger in Essen teuer werden.
Wenn Michel aus Lönneberga wieder einmal Unfug ausgeheckt hatte, sperrte Vater Anton Svensson ihn im Tischlerschuppen ein. Wer sich aber heute die Welt macht, wie sie ihm gefällt, handelt sich unter Umständen Ärger mit den Erben Astrid Lindgrens ein.
Das Boulevardmagazin „Brisant“ berichtete unter dem Titel „Astrid Lindgrens Erben bitten zur Kasse“ über eine Kindertagesstätte in Baden-Württemberg, die ihre Einrichtung „Villa Kunterbunt“ genannt hatte und diese jetzt umbenennt. Der Grund: Die Nachkommen Astrid Lindgrens forderten eine Lizenzgebühr ein – für die Verwendung des geschützten Markennamens.
Viele Kitas tragen Namen aus den Lindgren-Werken
Ein bisschen mehr Sorge, als die in den Tischlerschuppen gesperrt zu werden, verspürte da auch der Geschäftsführer beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF), Björn Enno Hermans. Denn der SkF ist Träger von mehreren Bildungs- und Betreuungsangeboten in Essen.
Das an der Belfortstraße heißt seit über 24 Jahren Villa Kunterbunt, die Hoppetosse an der Beethovenstraße gibt es unter diesem Namen seit elf Jahren. Dazu kamen über die Jahre weitere Einrichtungen, die nach und nach ihre Namen erhielten: Lönneberga, Taka-Tuka-Land, Saltkrokan – im Ganzen sind es acht Kitas.
Im Fernseh-Beitrag war die Rede von 500 Euro jährlichen Lizenzgebühren, die fällig würden, sollte jemand den Namen einer fiktiven Lindgren-Figur verwenden. Hochgerechnet wären das für den SkF mindestens 4000 Euro pro Jahr, so die Befürchtung.
Feilschen mit den Erben von Astrid Lindgren
Geld, das Hermans im Zweifelsfalle lieber für die Kinder ausgeben würde. Doch auch ein neuer Name würde Geld kosten. Der Geschäftsführer zählt E-Mail-Adressen der Einrichtungen, Briefpapier, Logo auf – all das müsste schlimmstenfalls geändert werden, wenn kein „Mengenrabatt“ ausgehandelt werden könnte.
Doch mit wem feilscht man über die Rechte an Namen wie Bullerbü und Krachmacherstraße? Zum Beispiel mit den Erben von Astrid Lindgren, die 2002 verstorben ist. So zumindest ist die Kita im Brisant-Beitrag vorgegangen. Nachdem ein Spielzeugladen im Nachbarort den Namen „Villa Kunterbunt“ wegen eben jener Lizenzierung abgelegt hatte, schrieb man die „Saltkråkan AB“ an – auf Deutsch.
Im schwedischen Saltkrakan will niemand abkassieren
Das sprach in dem schwedischen Familienbetrieb der Erben aber niemand und eine ganze Kette von Missverständnissen folgte, meint Ralph Graef, Anwalt für Urheber- und Medienrecht, der sich in Deutschland um solche Belange kümmert, auch um die der Lindgren-Erben. Er ärgert sich über die Darstellung im Fernsehbeitrag.
Graef bestätigt, dass „Pippi Langstrumpf“, „Kalle Blomqvist“, „Michel“ und andere urheberrechtlich geschützt sind. Zudem bestehe ein Markenschutz für diese Figuren und die Bezeichnungen wie „Astrid Lindgren“ oder „Villa Kunterbunt“. Denn Lindgren genieße den „postmortalen Urheberrechtspersönlichkeitsschutz“.
Erleichterung, dass SfK nicht zahlen muss
Anders als der TV-Beitrag suggeriere, stehe dabei aber nicht das Abkassieren bei gemeinnützigen Einrichtungen im Vordergrund: „Saltkråkan AB schützt und fördert das Werk von Astrid Lindgren.“ Regelmäßig habe er kommerzielle Anfragen auf dem Schreibtisch, die er ablehne. Kitas oder Schulen hingegen erhielten in der Regel grünes Licht für die kostenlose Namensnutzung.
Einen pauschalen Freibrief für Kitas will Graef zwar nicht aussprechen, er habe aber auch keine Liste, die er abarbeite, um Einrichtungen abzumahnen. SkF-Geschäftsführer Hermans muss also die Betreuungseinrichtungen weder umbenennen, noch mehrere Tausend Euro auf die hohe Kante legen.
Hermans zeigt sich erleichtert. Nach dem irritierenden Bericht hatte er schon interne Gespräche über eine mögliche Umbenennung geführt. „Ich bin erfreut, dass es uns als gemeinnützige Organisation nicht trifft.“