Essen. Viele Essener haben Angst, dass im Winter ihre Heizung nicht mehr läuft. Grund ist ein an 75 000 Gas-Kunden verschickter Brief der Stadtwerke Essen, der zur Änderung der Verträge auffordert. Wer bis zum 20. November nicht unterschreibt, riskiert die Kündigung des günstigen Tarifs.

Mit 75 000 Briefen zur Änderung der Geschäftsgrundlage ihrer Verträge haben die Stadtwerke Essen bei ihren Privatkunden, die mit Gas ihre Wohnung heizen, eine erhebliche Unruhe ausgelöst. Die Bürger befürchten, in diesem Winter ohne wärmende Heizung da zu stehen.

Grund ist die unverhohlene Drohung der Stadtwerke in dem Massenschreiben: Wer die geänderten Geschäftsbedingungen bis zum 20. November 2009 nicht unterschreibe, dem könne der Gasliefervertrag gekündigt werden. Die Stadtwerke werden nun mit Anrufen, die Verbraucherzentrale mit Beschwerden überschwemmt. „Bei uns glühen die Drähte, es kann zu Wartezeiten am Telefon kommen”, gibt Stadtwerke-Sprecher Dirk Pomplun an - und beruhigt alle Stadtwerke-Kunden: „Wer nicht unterschreibt, dem drehen wir den Gashahn nicht ab, der steht nicht plötzlich in einer kalten Hütte.”

Ernst gemeinte Drohung

Allerdings bestätigt Pomplun, dass die briefliche Drohung durchaus ernst gemeint ist: „Wir schreiben diejenigen, die nicht unterschreiben, noch einmal an, am Ende müssen wir aber den Vertrag kündigen.” Gas werde dann weiterhin geliefert, aber nicht mehr zum günstigen „Klaro”-Tarif, sondern zum deutlich höheren Grundversorgungstarif. „Man muss uns verstehen: Wir sind rechtlich dazu gezwungen, weil wir sonst künftig ohne Änderung der Geschäftsbedingungen keine Preiserhöhungen mehr vornehmen könnten”, sagt Pomplun.

Hintergrund sind die Klagen von Verbrauchern gegen mehrere Preiserhöhungen der Gaswirtschaft, auch der Stadtwerke Essen. 2007 entschied das Landgericht, die Preisanpassungsklauseln seien nicht transparent genug und daher rechtlich nicht haltbar. Wie eine rechtlich einwandfreie Klausel jedoch auszusehen habe, sei laut Stadtwerke lange Zeit unklar geblieben. Jetzt habe der Bundesgerichtshof aber die Preiserhöhungklausel des Gasgrundversorgungsvertrages als Vorbild erklärt - und dementsprechend wollten die Stadtwerke nun die Verträge von über 75 000 Kunden rechtlich einwandfrei ändern.

Unglückliche Formulierung

Mittlerweile leuchtet auch den Stadtwerken ein, dass vor allem die Formulierungen im Brief unglücklich waren. „Sie mussten rechtlich einwandfrei sein, da konnten sie nicht freundlicher und verständlicher sein”, rechtfertigt Pomplun den Stil des Schreibens. „Dass das kein Normalsterblicher versteht, war uns klar.”