Essen. Nach der Veröffentlichung seines Gebührenvergleichs in NRW legt der Bund der Steuerzahler nach. „Bei den Abwassergebühren kassiert die Stadt Essen bei den Bürgern deutlich zu viel. Das ist Abzocke”, meint Harald Schledorn, Gebührenexperte des Steuerzahlerbundes.
Denn Essen kalkuliere für das in den Kanälen und Abwasseranlagen gebundene Geld und für notwendige Kredite einen Zinssatz von 7 Prozent ein. „Das ist viel zu hoch, wenn man bedenkt, dass eine Kommune seit Jahren nur einen sehr geringen Prozentsatz für frische Kredite bezahlen muss.” Auch für Erspartes gebe es bei der Bank sei Jahren deutlich weniger als 7 Prozent. Angesichts der anhaltenden langen Niedrigzinsphase sei allerhöchstens ein Kalkulationszins von 4 Prozent akzeptabel.
„Juristisch gesehen sind 7 Prozent Zins wohl erlaubt, dieser Satz ist angesichts der Kapitalmarktlage aber gegenüber den Bürgern äußerst unfair.” Würde Essen den Satz auf 4 Prozent senken, käme für die Bürger eine Ersparnis von einigen Millionen Euro zusammen. Bei der kleinen Stadt Kerpen mit 64 000 Einwohner habe die Senkung eines einzigen Prozentpunktes schon eine knappe halbe Million Euro für die Bürger gebracht.
Stadtwerke-Sprecher Dirk Pomplun weist die Kritik zurück. Da Abwasseranlagen eine Lebensdauer von 80 Jahren und mehr hätten, käme es auf den langfristigen Kapitalmarktzins an - und der sei nach höchstrichterlichem Urteil mit 7 Prozent korrekt berechnet. Eine Reduzierung sei ein „unternehmerisches Risiko”. Zudem bringe eine Senkung den Bürgern wenig; wichtiger sei, angesichts einer Investion von 30 Millionen Euro pro Jahr bei der Auftragsvergabe gut zu verhandeln.
Ein Vier-Personen-Musterhaushalt zahlt in Essen 580 Euro jährlich an Abwassergebühren. Das ist weniger als im Schnitt von NRW mit 667 Euro, aber bis zu 130 Euro mehr als in Düsseldorf, Bottrop, Köln, Bochum, Dortmund, Duisburg oder Mülheim.