Essen.. Eine Radlerin ist 2013 an einer Schiene gestürzt und hat die Stiftung Zollverein verklagt. Das OLG Hamm entschied: Restrisiken sind unvermeidbar.

Industriekultur können Ausflügler in Essen an vielen Orten und auf Fahrradstrecken erleben. Darunter sind auch Routen, die entweder direkt über das Gelände der Zeche Zollverein führen oder zum Weltkulturerbe hinleiten. Hier war eine 64-jährige Niederländerin im Juni 2013 mit ihrem Fahrrad in einer Schiene hängengeblieben. Sie stürzte und verletzte sich schwer. Der Fall ging durch mehrere Instanzen, am Ende nahm auch das Oberlandesgericht Hamm die Stiftung gegen den  Vorwurf in Schutz, die Verkehrssicherungspflicht zu lasch gehandhabt zu haben.

Originalzustand der Industriebauten muss erhalten bleiben

Weil immer wieder Besucher die Gefahren solcher Flächen unterschätzen, kann der Fall als exemplarisch gelten. Er dürfte im ganzen Ruhrgebiet bei Eigentümern ehemaliger, nun frei begehbarer Industrieareale mit Interesse registriert werden. Die niederländische Touristin hat ihre Berufung jetzt zurückgenommen, somit ist der Fall rechtskräftig abgeschlossen.

Die Stiftung Zollverein nahm  diesen Ausgang mit Erleichterung zur Kenntnis, weil es auf einem solchen Gelände nahezu unmöglich sei, alle Gefahrenquellen auszuschließen. „Über die Industrieanlage verlaufen Rohre und Treppen, Bandbrücken und Bahngleise“, sagt Delia Bösch, Pressesprecherin der Stiftung Zollverein. Vieles habe hier das Potenzial zur Stolperfalle. „Trotz Schutzmaßnahmen und Hinweisschildern können wir deshalb nicht für perfekte Sicherheit garantieren.“ Das Gelände werde letztlich auf eigene Gefahr betreten. Da Zollverein zum Weltkulturerbe der Unesco zählt, steht es unter strengem Denkmalschutz.

Jeder Gast auf Zollverein muss auf Sicherheit achten

So sieht es im Wesentlichen auch das Oberlandesgericht: Die Klägerin habe wegen des Charakters der Anlage nicht davon ausgehen können, hier fürs Radfahren optimale Bedingungen vorzufinden. „Sinn und Zweck eines solchen Denkmals ist es, den Besuchern bauliche Besonderheiten der Anlage möglichst originalgetreu nahezubringen“, so das Gericht in einer Mitteilung zum Abschluss des Falls.

An vielen Infopunkten hängt daher die Hausordnung. „Jeder der das Gelände betritt, muss darauf achten wohin er mit seinem Fahrrad fährt oder seinen Schritt setzt“, erklärt Bösch. Bei den täglichen Kontrollgängen auf dem 100 Hektar großen Areal werde zwar auch auf Veränderungen geachtet. Gefahren etwa an alten Schienen seien aber niemals auszuschließen.

Kaum Fälle von Verletzungen, trotz vieler Besucher

Auch das Oberlandesgericht Hamm bestätigt, die Radfahrerin sei „an einer Stelle gestürzt, die als Gefahrenquelle offensichtlich gewesen ist“. Sie sei im ursprünglichen Zustand belassen und nur mit losem Erdreich verfüllt worden.

Zwar gebe es an besonders gefährlichen Stellen Sperrungen und Warnschilder, sagt Bösch. Es sei aber weder zumutbar noch mit dem Denkmalschutz vereinbar, diese überall aufzustellen.  „Dann müssten wir das ganze Gelände mit Hunderten Hinweisen zunageln.“ Die meisten Besucher wüssten um die Gefahr und verhielten sich entsprechend. Rund 1,5 Millionen würden pro Jahr auf dem Gelände gezählt, Unfälle gebe es aber nur sehr wenige. Das Sicherheitskonzept der Stiftung gehe also auf.

Im Fall der 64-Jährigen ging es tragischerweise schief. Sie erlitt beim Sturz eine schwere Kopfverletzung, musste operiert werden und wollte 9000 Euro Schadensersatz und 5000 Euro Schmerzensgeld erstreiten. Die Rad-Touristin scheiterte aber vor dem Landgericht Essen und dann eben auch beim OLG. „Wir bedauern diesen Sturz sehr“, sagt Delia Bösch, „aber leider gibt es hier einfach keine hundertprozentige Sicherheit.“