Essen. Alexandra und Andreas Walter aus Essen hatten sich sehnlich ein Kind gewünscht – und bekamen Drillinge. Sie erzählen von wenig Schlaf und großem Glück.
Bei Familie Walter ist neuerdings alles eine Nummer größer: das Auto, der Kinderwagen, das Haus, ja sogar die Mülltonne. Schuld daran sind Justus, Pauline und Benedikt, ihre Drillinge. Am 30. März sind die drei Winzlinge zur Welt gekommen, am 1. Juli durften sie endlich nach Hause – und seither dreht sich dort in Stoppenberg alles um sie.
Lange Zeit hatten sich Andreas und Alexandra Walter ein Kind gewünscht. Sie war Mitte 30, als sie sich zur Familiengründung entschlossen, doch es gingen sechs, sieben Jahre ins Land, die Hoffnung schwand. „Hormonell unterstützt“ habe es dann doch geklappt, erzählt Alexandra Walter, aber als sie die gute Nachricht im Oktober 2015 erfuhren, blieb erst die Angst, das Kind zu verlieren. Als der Arzt ein paar Wochen später verkündete: „Das werden Zwillinge!“, freuten sie sich schon unbefangener. Als sie wieder etwas später erfuhr, dass es sogar drei Kinder sind, brauchte sie kaum zwei Stunden, um sich von dem Schock zu erholen. Andreas Walter (54), der eine 19 Jahre alte Tochter aus erster Ehe hat, malte sich gleich aus, „dass da eine Menge Arbeit auf uns zu kommt“.
„Möchten Sie Pauline zugunsten der Jungs gehen lassen oder sollen wir alle holen?“
Kann man sich darauf vorbereiten? Kaum, sagen beide. Zumal sich Alexandra Walter zu große Gefühle verbot, keine Babysachen kaufte, kein Kinderzimmer einrichtete. Bis es im Februar hieß, die Babys hätten eine realistische Überlebenschancen. Hochrisikoschwangerschaft, das war ja nicht nur ein Etikett, das erlebte sie täglich, angefangen von der engmaschigen Beobachtung bis zur Schwangerschaftsvergiftung; jede Woche musste sie ins nahegelegene Marienhospital. „Die meiste Zeit habe ich liegend verbracht.“
Schon Ende Februar kam Alexandra Walter stationär ins Uniklinikum, das große Erfahrung mit Mehrlingsgeburten hat. Ganz genau habe das Team beobachtet, wie sich ihre Kinder entwickelten; auch dass das Mädchen in Lebensgefahr geriet. Am Morgen des 30. März stellten sie den werdenden Eltern die schwere Frage: „Möchten Sie Pauline zugunsten der Jungs gehen lassen oder sollen wir alle holen?“
Rund 600 Windeln pro Monat
Der errechnete Geburtstermin war der 26. Juni, so fern. Trotzdem zögerten sie nicht: „Holen Sie alle!“ Natürlich war auch diese Kaiserschnitt-OP eine Nummer größer, mehr als 20 Ärzte, Schwestern, Hebammen holten Benedikt (1195 g) Justus (1220 g) und die nur 600 g schwere Pauline. Es war ein großer Glücksmoment für die Eltern, aber nicht das Ende ihrer Sorgen. Bis zur Entlassung der Babys erlebten sie schwere Stunden, etwa als Pauline am Darm operiert werden musste. „Aber auch als sie alle im Inkubator lagen, fühlten wir: Die schaffen das. Sie waren so lebhaft, auch Pauline.“
Nun sind die drei Kinder seit fast zwei Monaten zu Hause, die Jungs wiegen je um die 5,3 Kilo, Pauline hat es auf 3,8 Kilo geschafft. „Zehn Stunden täglich verbringe ich mit Füttern, brauche kistenweise Milchpulver“, sagt Alexandra Walter. Die drei haben einen guten Schlaf, aber wenn einer aufwacht, „hat er zwei andere, die er wachschreien kann“, sagt Andreas Walter. Gut 600 Windeln kaufen sie pro Monat – daher die größere Mülltonne. Das Dachgeschoss haben sie ausgebaut, damit auch der großen Schwester genug Platz bleibt; das Familienauto, in dem auch ihr Australian Shepherd mitfährt, ist jetzt ein Van.
Essener Jugendamt hilft
Es habe sie Überwindung gekostet, beim Jugendamt anzuklopfen, aber ohne die Familienhelferin, die täglich sechs Stunden kommt, wäre es nicht gegangen. Die Krankenkasse zahle ihnen keine Haushaltshilfe. „Die machen das nur bei medizinischer Indikation“, bestätigt Jugendamtssprecher Peter Herzogenrath. „Niemand sollte sich scheuen, sich bei unserem Büro in seinem Stadtteil zu melden: Mehrlinge sind eine unglaubliche Herausforderung.“
Darum soll ein Au-Pair helfen, wenn IT-Experte Walter heute wieder zur Arbeit geht. Wie es klappen soll, wenn auch sie im Januar wieder in Teilzeit und von zu Hause startet, mag sich Alexandra Walter nicht vorstellen. Doch es gehe kaum anders, Drillinge sind auch finanziell eine Herausforderung. Trotzdem schwärmt sie von ihrem dreifachen Wunschkind: „Wenn sie nebeneinander liegen, stupsen sie sich an, unterhalten sich brabbelnd. Es sind solche Engel!“ Man merkt, bei Familie Walter fällt auch das Glück eine Nummer größer aus.