Essen. . Der Tatort ist ein kleines, inhabergeführtes Restaurant in Rüttenscheid. Wir haben hinter die Kulissen geguckt und einen Abend in der Küche verbracht.

Schon jetzt ist es heiß in der Küche. Vier mal drei Meter ist sie maximal groß, die Hälfte der Fläche besteht aus Arbeitsplatten und Küchengeräten. Es ist halb sechs Uhr abends und obwohl auf dem Gaskochfeld bislang nur ein Topf brodelt, sind die Temperaturen bereits unangenehm hoch. Jean Mathis, Sascha Nick, Maxe Schlaghecke und Fisum Fekadu bereiten den Abend im Tatort vor – einem kleinen Restaurant an der Rüttenscheider Straße, inhabergeführt und mit Blick auf individuelle Speisen. Hier ist man sofort per du, die Atmosphäre ist gelöst, aus dem Lautsprecher schallen Hip-Hop- und R’n’B-Songs der Nuller-Jahre.

Inhaber und Koch Jean Mathis brät das erste Thunfischsteak des Abends an – und lässt sich nur dieses eine Mal überhaupt fotografieren.
Inhaber und Koch Jean Mathis brät das erste Thunfischsteak des Abends an – und lässt sich nur dieses eine Mal überhaupt fotografieren. © FUNKE Foto Services

Es liegt eine ruhige Eile in der Luft, alles läuft zügig, aber nicht hektisch. Jean zieht die metallenen Schubladen auf: In kleinen Plastikschalen steht Koriander neben Minze, Petersilie neben Kerbel. „Hier muss immer alles gleich sein, alles an gleicher Stelle“, erklärt er. Zusammen mit David Tappeser eröffnete der 36-Jährige den Tatort vor viereinhalb Jahren.

Die Aufgaben sind klar verteilt: David ist der Kellner, der Verkäufer und Jean der Koch. Während David das Restaurant repräsentiert, waltet Jean im Hintergrund – und will nicht das Aushängeschild sein. Sein Gesicht in die Kamera hält er nicht gerne und die Gäste sollen auch nicht wegen ihm kommen, sondern wegen der Leistung des gesamten Teams.

Sascha ist sein Küchenchef, er brät an, koordiniert die Abläufe. Maxe ist Azubi: Er bereitet heute gemeinsam mit Jean die Vorspeisen vor. Und Fisum nimmt die wichtigste Rolle im Hintergrund ein: Als Spüler hebt er alle paar Minuten das Geschirr aus der Spülmaschine, über einhundert Mal am Tag geht er dafür in die Knie. Der 51-Jährige, den alle „Papa“ nennen und der mindestens zehn Jahre jünger aussieht, hält den Köchen den Rücken frei, sorgt dafür, dass die kleinen Arbeitsflächen nicht noch enger werden.

Ein Abend in der Tatort-Küche

Der Tatort liegt an der Ecke Rüttenscheider/Joseph-Lenné-Straße.
Der Tatort liegt an der Ecke Rüttenscheider/Joseph-Lenné-Straße. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Gut 40 Gäste finden im Tatort Platz. Bei schönem Wetter ist die Terrasse geöffnet.
Gut 40 Gäste finden im Tatort Platz. Bei schönem Wetter ist die Terrasse geöffnet. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Sieben Mitarbeiter walten an diesem Abend im Hintergrund des Tatort: Fisum Fekadu, Jean Mathis (mit Topf), Perdrag Milovic, Emelie Thon,  Maxe Schlaghecke, Markus Schwagers und Sascha Nick.
Sieben Mitarbeiter walten an diesem Abend im Hintergrund des Tatort: Fisum Fekadu, Jean Mathis (mit Topf), Perdrag Milovic, Emelie Thon, Maxe Schlaghecke, Markus Schwagers und Sascha Nick. © FUNKE Foto Services
Kurz nach 18 Uhr gehen die ersten Bestellungen ein. Tatort-Inhaber und Koch Jean Mathis brät das erste Tunfisch-Steak des Abends an.
Kurz nach 18 Uhr gehen die ersten Bestellungen ein. Tatort-Inhaber und Koch Jean Mathis brät das erste Tunfisch-Steak des Abends an. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Tagsüber werden die Zutaten für den Abend vorbereitet. Blick in eine der Kühlschubladen: unter anderem mit Granatapfelkerne, eingelegter fermentierter Knoblauch, Grapefruitfilets, Wachteleier.
Tagsüber werden die Zutaten für den Abend vorbereitet. Blick in eine der Kühlschubladen: unter anderem mit Granatapfelkerne, eingelegter fermentierter Knoblauch, Grapefruitfilets, Wachteleier. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Daneben die Kräuterschublade.
Daneben die Kräuterschublade. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Etwa zehn Quadratmeter groß ist die Küche des Tatort.
Etwa zehn Quadratmeter groß ist die Küche des Tatort. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Die Hälfte des Raums ist belegt mit Küchengeräten und Arbeitsplatten.
Die Hälfte des Raums ist belegt mit Küchengeräten und Arbeitsplatten. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Vor der Vorspeise bekommt jeder Gast einen Gruß aus der Küche. Heute: Eine kalte Gurkensuppe.
Vor der Vorspeise bekommt jeder Gast einen Gruß aus der Küche. Heute: Eine kalte Gurkensuppe. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Eines Hauptgerichte: Coq au vin auf Süßkartoffelstampf. Noch fehlt der gebratene Pak Choi und das Knusper-Chorizo-Bonbon auf dem Teller.
Eines Hauptgerichte: Coq au vin auf Süßkartoffelstampf. Noch fehlt der gebratene Pak Choi und das Knusper-Chorizo-Bonbon auf dem Teller. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Sobald ein Gericht fertig ist, klingelt einer der Köche, damit der Service die Bestellung abholt.
Sobald ein Gericht fertig ist, klingelt einer der Köche, damit der Service die Bestellung abholt. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Emelie Thon ist Kellnerin im Tatort. Hier serviert sie Brasato und Adlerfisch.
Emelie Thon ist Kellnerin im Tatort. Hier serviert sie Brasato und Adlerfisch. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Nach 20 Uhr ist die Hauptzeit in der Küche.
Nach 20 Uhr ist die Hauptzeit in der Küche. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Chefkoch Sascha Nick brät den Adlerfisch an. Daneben brodelt der Sud aus dem langgeschmorten Rindfleisch.
Chefkoch Sascha Nick brät den Adlerfisch an. Daneben brodelt der Sud aus dem langgeschmorten Rindfleisch. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Jeden tag feilen die Köche an der Aufbereitung der Teller.
Jeden tag feilen die Köche an der Aufbereitung der Teller. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Der Eingang zur Küche.
Der Eingang zur Küche. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Spüler Fisum Fekadu hält den Köchen den Rücken frei.
Spüler Fisum Fekadu hält den Köchen den Rücken frei. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Chefkoch Sascha Nick bereitet das Brasato auf dem Teller zu.
Chefkoch Sascha Nick bereitet das Brasato auf dem Teller zu. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Markus Schwagers steht hinter der Bar, Perdrag Milovic bedient.
Markus Schwagers steht hinter der Bar, Perdrag Milovic bedient. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Krustentiere in der Pfanne.
Krustentiere in der Pfanne. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Fisum Fekadu, Maxe Schlaghecke und Sascha Nick.
Fisum Fekadu, Maxe Schlaghecke und Sascha Nick. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Chefkoch Sascha Nick in Aktion:
Chefkoch Sascha Nick in Aktion: "Du kannst diesen Job nur machen, wenn du richtig Bock hast." © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
Um 18 Uhr öffnet der Tatort.
Um 18 Uhr öffnet der Tatort. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Services
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Rotlachs, Thunfisch und Adlerfisch

Gut 40 Gäste finden Platz im Tatort, bei schönem Wetter ist der Außenbereich mit rund zehn Tischen gut besucht. Die überschaubare Karte wechselt fast täglich, hinzu kommen jeden Tag mehrere Gerichte außerhalb der Karte. Jean und David kaufen selbst ein. Heute gibt es unter anderem den Rotlachs „Sockeye“, Thunfisch und Adlerfisch zusätzlich. Zwei Tage hält sich der frische Fisch. Wie plant man die Mengen? „Das macht alles die Erfahrung, du weißt, wie viel du verkaufst“, sagt Jean. Er hat in dem Sterne-Restaurant „Schiffchen“ in Düsseldorf gelernt, später in Paris gearbeitet. Sascha arbeitete in Restaurants auf Mallorca und Gran Canaria. „Du musst rumkommen, von verschiedenen Chefs lernen und das mit deinem eigenen Stil verbinden.“

Der Tatort liegt an der Ecke Rüttenscheider/Joseph-Lenné-Straße. Im März 2012 eröffneten David Tappeser und Jean Mathis das Restaurant.
Der Tatort liegt an der Ecke Rüttenscheider/Joseph-Lenné-Straße. Im März 2012 eröffneten David Tappeser und Jean Mathis das Restaurant. © FUNKE Foto Services

Es ist 18.15 Uhr, die erste Bestellung kommt rein. Brasato – lang geschmortes Rindfleisch – und der Adlerfisch. Während Fisum das vorbereitete Fenchelpüree für den Fisch und das Trüffelpüree für das Fleisch erwärmt, brät Sascha den Adlerfisch, Jean Lauch und kleine Paprika. Hier muss alles Hand in Hand gehen. „Du sagst tausend Mal am Tag ‘Achtung,“, erzählt Jean. Gibt jemand eine Anweisung, antwortet der Angesprochene mit „Jawohl“. Faszinierend ist die Koordination der Kochschritte, ungewöhnlich der höfliche Ton. Kein Auftrag ohne „bitte“ wird ausgesprochen. Aus großen Küchen hört man von raueren Sitten.

Ein Viertel der Arbeit ist Putzen

Sobald es 20 Uhr entgegen geht, kommen die Bestellungen im Minutentakt. Kellnerin Emelie Thon bringt leere Teller, dreckiges Besteck, holt die Gerichte ab. Rund um die Flammen des Gasherdes wird es unerträglich heiß. Jean und Sascha überlegen, in welche Stücke sie den Tafelspitz schneiden. Jeden Tag versuchen sie etwas Neues. Probieren müssen sie ihr Essen nicht, sagt Sascha, „wir haben den Geschmack im Kopf“. Neu auf der Karte ist ein Duett vom Kalb, Ossobuco (geschmorte Kalbshaxe) in einem Frühlingsrollenteig, daneben der gebratene Tafelspitz. Die Anrichtung des Essens soll mit jedem Teller verbessert werden. Verschiedene Gerichte müssen zeitgleich fertig sein – die Erwartungen der Gäste sind hoch.

Dass Kochen ein Knochenjob ist, ahnt jeder. Erlebt man es hautnah, stellt sich schnell ein großer Respekt für diese vier Protagonisten ein. Bis 22.30 Uhr schnibbeln und braten sie, danach wird geputzt und vorbereitet für den nächsten Tag. Ein Viertel seiner Arbeit bestehe aus Saubermachen, sagt Jean. Und sein Küchenchef Sascha fasst den Job treffend zusammen: „Du kannst ihn nur machen, wenn du richtig Bock hast.“