Essen. . Projekt „Kurve kriegen“ geht bald in Essen an den Start. Es richtet sich an die jüngsten Straftäter und soll Karrieren in Richtung Knast verhindern.

  • Ein Intensivtäter macht bis zu seinem 20. Lebensjahr durchschnittlich 100 Menschen zu seinen Opfern
  • Das Land stellt für das Projekt an 19 Standorten in NRW 5,1 Millionen Euro zur Verfügung
  • Fällt der Polizei Nachwuchs unangenehm auf, bekommen die Familien der Kinder Behörden-Besuch

Prügeln, rauben, erpressen von Kindesbeinen an – wer bereits in jungen Jahren damit beginnt, sein Vorstrafenregister zu füllen, landet am Ende seiner kriminellen Karriere nur allzu oft im Knast. Nicht ohne Pein, Angst und immense Schäden hinterlassen zu haben: Ein Intensivtäter macht bis zu seinem 20. Lebensjahr durchschnittlich 100 Menschen zu seinen Opfern und kostet rund 1,7 Millionen Euro für Haft und Resozialisierung.

Essener Polizei sucht derzeit nach einem geeigneten Kooperationspartner

Damit es künftig so weit erst gar nicht kommt, startet in Essen bald das Landespräventions-Projekt „Kurve kriegen“, das Acht- bis 13-Jährige von der schiefen Bahn holen soll, bevor es richtig abwärts geht mit ihnen.

Wie Wolfgang Beus, Sprecher im Landesinnenministerium, bestätigte, sucht die Essener Polizei derzeit nach einem geeigneten Kooperationspartner, der die notwendigen Sozialarbeiter stellen kann, die eng mit der Polizei und dem städtischen Jugendamt zusammenarbeiten sollen, um straffällig gewordenen Kindern aber auch ihren Eltern Hilfen anzubieten.

Das Land stellt für das Projekt an 19 Standorten in NRW 5,1 Millionen Euro zur Verfügung. Finanziert werden damit nicht nur die pädagogischen Fachkräfte, sondern auch die Maßnahmen, die den kleinen Kriminellen den Weg zurück in ein straffreies Leben weisen sollen.

Bei dem einen helfen vielleicht noch Anti-Aggressions-Trainings oder Sportkurse, der andere benötigt womöglich ein teures intensivpädagogisches Programm von einem Jahr oder länger. „Es wird individuell entschieden, wer welche Hilfen braucht“, sagt Beus.

Ein Sozialarbeiter kann etwa 20 kriminelle Kinder betreuen

Fällt der Polizei nicht strafmündiger Nachwuchs unangenehm auf, bekommen die Familien der Kinder Behörden-Besuch. Denn ohne Einwilligung der Eltern ist auch die Polizei machtlos. Doch zeigt die Erfahrung aus anderen Städten, dass die Beamten meist mit offenen Armen empfangen werden. „Gott sei Dank mal jemand, der hilft“ sei eine häufige Reaktion, so Beus. Nach der Zustimmung der Eltern kommen die Sozialarbeiter ins Spiel, die erst einmal das Vertrauen der Kinder gewinnen müssen. Entsteht daraus die Bereitschaft, sich helfen lassen zu wollen, kann es losgehen mit der individuellen Lebenshilfe.

Wie viele junge Essener Straftäter für das Programm in Frage kommen, weiß die Polizei noch nicht. Zur Zeit werde die Schar der potenziellen Kunden gesichtet, sagt Wolfgang Beus. Als Faustformel gilt, dass ein Sozialarbeiter etwa 20 kriminelle Kinder betreuen kann. Ist der Bedarf höher, könnten am Ende auch mehr Fachkräfte für Essen herausspringen.

Zum Vergleich: In dem Intensivtäter-Programm der Polizei werden fast durchweg bis zu 70 strafmündige Jugendliche betreut. Für sie allerdings gibt es nur noch zwei Möglichkeiten: Sich an Recht und Gesetz zu halten oder im Gefängnis zu landen. Immerhin bleibt dieses Schicksal 75 Prozent der Teilnehmer erspart.