Essen. . Im Selbstfahrer-Studio von Radio Essen gewährt die Moderatorin einen Blick über die Schulter. Die Besucher staunen, wie die Musikauswahl funktioniert.

Sie blicken mahnend auf den ovalen Tisch herunter: Nina, 36, Hausfrau. Markus, 40, Intensivpfleger. Peter, 54, Beamter. Neben ihnen sind neun weitere Personen mit Porträts an der Wand des Konferenzraums von Radio Essen verewigt. „Diese Zwölf repräsentieren unsere Hörer und sollen uns daran erinnern, wie unterschiedlich diese Gruppe ist“, erklärt Chefredakteur Christian Pflug die Bilder. Gerade blicken diese zwölf Hörer auf 13 Leser dieser Zeitung herunter, die an einer Führung durch die Redaktion von Radio Essen teilnehmen.

Es ist 15.30 Uhr: Die Führung beginnt. „Beim Radio sind wir immer pünktlich“, sagt Christian Pflug, bevor er ausholt und über Frequenzen und Marktanteile spricht, über Wirtschaftlichkeit und das Budget, über Beitragslängen und Musikauswahl, über ... – Musikauswahl, da grätscht ein Leser dazwischen.

Wöchentliche Befragungen für die Musiklisten

„Manche Lieder hört man ganz oft, habe ich das Gefühl“, sagt er. „Entscheidet der Moderator, was gespielt wird?“ So einfach ist es nicht. Radio NRW, der Rahmenprogrammanbieter für die 44 NRW-Lokalradios, führt wöchentliche Befragungen durch und gibt die Musiklisten vor, erklärt Pflug. „Da werden Lieder am Telefon vorgespielt und gefragt, ob man die Titel öfter, weniger oder gar nicht hören will.“ Gefragt werden ausschließlich Leute im Alter zwischen 14 bis 49 Jahren. „Diese Zielgruppe ist leider allein relevant für die Werbewirtschaft“, sagt Christian Pflug etwas entschuldigend zu seinen größtenteils älteren Gästen.

Leserin Angela Kahl nimmt im Schnittstudio eine kurze Audiosequenz auf. Christian Pflug zeigt, was technischen alles möglich ist, wenn man einen Beitrag produziert.
Leserin Angela Kahl nimmt im Schnittstudio eine kurze Audiosequenz auf. Christian Pflug zeigt, was technischen alles möglich ist, wenn man einen Beitrag produziert. © WAZ

Genug der Theorie. Wo und wie wird jetzt eigentlich Radio gemacht? Durch den zentralen Redaktionsraum leitet Chefredakteur Pflug den kleinen Trupp in einen Schnittraum. Tür zu, Spot an – oder viel mehr: Mikrofon an. Angela Kahl traut sich einen Selbstversuch zu. Einfach drauflosreden. „Mir hat es hier gut gefallen, weil man die kleinen Intimitäten vom Radio erfahren hat“, diktiert sie ins Mikrofon.

Ausprobieren im Schnittraum

Der Chefredakteur zeigt, was möglich ist. Rückwärts, schneller oder langsamer abspielen, einzelne Wörter herausschneiden, die Tonspur mehrfach übereinanderlegen. Im Schnittraum entstehen die Beiträge der acht Redakteure, zwei Volontäre und freien Mitarbeiter der Radiostation. Abgespielt werden die dann gegenüber im Selbstfahrer-Studio. Während die Musik läuft, dürfen die Leser reinhuschen. Nur leise, wenn das rote Licht angeht!

Anna Bartl ist auf Sendung. Sie moderiert, spielt Beiträge und Jingles ein, liest das Wetter und die Staumeldungen vor. Nur für die Nachrichten kommt Anne Schweizer ihr zu Hilfe. Es ist 17.30 Uhr – auf die Sekunde.