Essen. Bereits vor ihrer Rückzugserklärung hat die Bundestagsabgeordnete Petra Hinz (SPD) am Mittwoch im Internet ihren Lebenslauf korrigiert und Social-Media-Auftritte gelöscht. Auch auf dem Stimmzettel zur Bundestagswahl 2013 wurde sie den Wählern als Juristin vorgestellt.

  • Am Mittwoch wurde auch Hinz' Biografie auf der Internetseite des Deutschen Bundestages korrigiert
  • SPD-Politikerin löscht nach Lebensbeichte Social-Media-Auftritte – Falschangabe auch auf Stimmzettel 2013
  • Zwei Strafanzeigen bei Staatsanwaltschaft Essen – bis zu ein Jahr Freiheitsstrafe für Missbrauch von Titeln

Bereits vor ihrer Ankündigung vom Mittwochnachmittag, ihr Bundestagsmandat niederzulegen, hat Petra Hinz einige Rückzieher im Internet und in sozialen Netzwerken gemacht. Nach Hinz' Beichte am Dienstagabend wurde am Morgen danach auch ihre Biografie auf der Website des Deutschen Bundestages korrigiert.

Auf der offiziellen Internetseite des Bundestages, bundestag.de, stand bis Mittwochmorgen unter "Biografien der Abgeordneten (18. Wahlperiode)" zum Lebenslauf der 54-Jährigen noch: "1984 Abitur, ... 1985 bis 1995 Studium der Rechts- und Staatswissenschaften, Abschluss erstes und zweites Staatsexamen". Inzwischen sind all diese Angaben gelöscht, und die zuvor über dem Lebenslauf angegebene Berufsbezeichnung "Juristin" ist verschwunden.

Petra Hinz: Twitter-Account und Facebook-Profil gelöscht

Während auf den bundestag.de-Seiten der anderen Parlamentarier als Überschrift etwa "Bürokauffrau" (Jutta Eckenbach, CDU), "Diplom-Sozialwissenschaftler" (Kai Gehring, Bündnis 90/Die Grünen), "Rechtsanwalt" (Matthias Hauer, CDU) und "Lehrer" (Arno Klare, SPD) steht, fehlt die Berufsangabe bei Hinz nun komplett. Zwei weitere Essener Abgeordnete geben übrigens ebenfalls keinen Beruf an: Dirk Heidenbluts (SPD) Biografie ist lediglich zu entnehmen, dass er von 1981 bis 1987 zwar Jura studiert hat. Abgeschlossen hat er das Studium aber nicht. Das behauptet er auf der Seite aber ebensowenig wie Astrid Timmermann-Fechter (CDU). Auch sie gibt in ihrem Lebenslauf ein "Studium der Rechtswissenschaften" an, aber anders als Hinz kein Staatsexamen, keinen Abschluss: "Ich habe einige Semester studiert und Scheine gemacht, habe mich danach aber umorientiert und selbständig gemacht."

Unklar ist, wer die Korrektur auf Hinz' Seite am Mittwoch veranlasst hat. Eine Mitarbeiterin der Bundestagspressestelle erklärte, dass die Biografien der Abgeordneten auf bundestag.de vom Referat "Onlinedienste/Parlamentsfernsehen" geändert werden, sobald das Referat Information über Aktualisierungen habe. "In der Regel liegt das im Ermessen des Abgeordneten." Ob Hinz beziehungsweise von ihr Beauftragte oder das Referat die Löschung der falschen Angaben initiiert hatte, war am Mittwochnachmittag für die Pressestelle noch nicht nachzuvollziehen.

Stimmzettel zur Bundestagswahl 2013: "Petra Hinz – Juristin"

Auf dem Stimmzettel der Bundestagswahl 2013 im Wahlkreis 120 (Essen III) stand
Auf dem Stimmzettel der Bundestagswahl 2013 im Wahlkreis 120 (Essen III) stand "Petra Hinz Juristin". Quelle: Stadt Essen

Gelöscht haben Hinz oder Vertraute am Tag nach ihrer Lebensbeichte aber die Biografie auf ihrer eigenen Seite www.petra-hinz.de, ihren Twitter-Account und ihr Facebook-Profil @PetraHinzMdB. Ihr You Tube-Kanal dagegen existiert noch. Auch unter älteren Webvideos mit Hinz' Reden im Plenum kommentieren Nutzer den aktuellen Skandal um die gefälschte Biografie der Volksvertreterin und diskutieren etwa die "Rückzahlung der irregulär erlangten Diätenbezüge" (Nutzer Valcry).

Nicht mehr korrigieren oder löschen kann Petra Hinz den Stimmzettel der Bundestagswahl 2013 im Wahlkreis 120 (Essen III). Dort stand bei den Kandidatinnen und Kandidaten, die mit Erststimme gewählt werden können: "Petra Hinz Juristin".

Bis zu ein Jahr Freiheitsstrafe für Missbrauch von Titeln

Muss die Bundestagswahl in Essen darum wiederholt werden? „Sicher haben sich die Wähler eine gewisse Fehlvorstellung von Frau Hinz’ Qualifikation gemacht“, sagt der Bochumer Staatsrechtsprofessor Stefan Huster. „Aber für wahlrechtliche Konsequenzen scheint es keine Rechtsgrundlage zu geben.“ Zudem hatte Hinz ihr Direktmandat 2013 an die CDU verloren, ihr fehlten nach einem bundesweit beachteten Wahlkrimi gegen CDU-Gegenkandidat Matthias Hauer 93 Stimmen. Sie zog über die Parteiliste dennoch in den Bundestag ein.

Neben möglichen politischen Folgen – Rücktritt, Parteiausschluss – könnte es auch strafrechtliche geben: Auf den Missbrauch von Titeln steht bis zu ein Jahr Freiheitsstrafe. (pw/tom)