Essen. . Bashar Hanna kam vor drei Jahren ohne ein Wort Deutsch. Jetzt hat er das Abi – mit der Note 2,5. Und arbeitet weiter an der Erfüllung seines Traums.

  • Zuletzt gab Bashar Hanna jüngeren Flüchtlingen an der Schule sogar Nachhilfe
  • Sein Abi absolvierte er mit den Leistungskursen Bio und Mathe
  • Ihn überrascht bis heute, „wie lange es dauert, bis man richtig ordentlich Deutsch kann“

Die Abi-Klausuren sind längst geschrieben, die Reifezeugnisse fast überall ausgegeben; noch eine Woche, dann fangen die Sommerferien an – doch Bashar Hanna lernt schon wieder. „Für eine Aufnahmeprüfung am 8. Juli in Graz.“

Der 20-Jährige will Medizin studieren, Österreich hat er sich ausgeguckt. „Ich würde lieber in Deutschland bleiben, doch mit meinem Numerus Clausus habe ich hier für Medizin zu lange Wartezeiten.“

2,5 lautet sein Notenschnitt, dabei kam er vor gerade mal drei Jahren aus dem Nordosten von Syrien ohne ein Wort Deutsch. Er flüchtete vor dem Krieg mit Eltern und Schwester, der Bruder kam nach. „Wir haben uns die Entscheidung damals nicht leicht gemacht“, berichtet er, „doch die Zustände wurden immer dramatischer. Menschen wurden vom ,Islamischen Staat’ entführt, die Bomben kamen immer näher, es fehlten Strom und Wasser.“

In Windeseile Deutsch gelernt

Bashar stammt aus einer christlichen Familie. Sein Vater ist Hals-Nasen-Ohren-Arzt, die Mutter Architektin. Seine Schwester studiert heute Pharmazie in Marburg, der Bruder Medizin in Erlangen. Nach seiner Flucht nach Deutschland lebte die Familie für einige Monate im hessischen Gießen, siedelte dann um nach Rüttenscheid. Bashar kam aufs Maria-Wächtler-Gymnasium. „Ich wurde sofort sehr nett empfangen.“ Auf Englisch konnte er sich gleich mit den Mitschülern unterhalten, doch in Windeseile lernte er weiter Deutsch. In der Schule bekam er für Arbeiten in den Kursen 15 Minuten mehr Zeit, durfte auch ein Arabisch-Handbuch benutzen, um die Aufgaben besser zu verstehen, musste aber natürlich auf Deutsch schreiben. „Was mich am allermeisten überrascht hat“, sagt Bashar heute, „ist, dass es so lange dauert, bis man Deutsch richtig kann, vor allem das schriftliche Deutsch.“

Der Unterschied zwischen einem deutschen und einem syrischen Gymnasium? „Hier lernt man besser“, sagt Bashar. „In Syrien haben wir mehr auswendig gelernt, hier geht es stärker ums eigenständige Arbeiten. Das hat mir von Anfang an gut gefallen. Und die Bücher sind verständlicher.“

Bashar vermisst seine Freunde

Was er manchmal vermisst, sind seine Freunde, die der Krieg in alle Welt getrieben hat. „Viele von ihnen leben heute in Schweden, Amerika oder Kanada.“

Am Maria-Wächtler-Gymnasium – so wie an vielen anderen Schulen auch – helfen Schüler der Oberstufe, Lehrer und Eltern freiwillig den Flüchtlingen in der Schule beim Lernen, geben in den Freistunden oder nachmittags Nachhilfe. Auch Bashar gehörte in den letzten Jahren dazu, brachte den Jüngeren Mathe bei. „Weil ich Arabisch kann, war das für die Schüler natürlich gut.“ So oder so: Er wird der Schule wohl ein bisschen fehlen, doch Menschen wie er werden ja überall gebraucht.