Essen.. Am 25. Juni 1966 war die Grugahalle das Zentrum der Beatles-Hysterie. 17 000 Fans kamen zu den zwei Auftritten der Bravo Beatles Blitztournee.

Am 25. Juni 1966 war Essen das Epizentrum der weltweiten Beatles-Begeisterung. Im Rahmen der Bravo Beatles Blitz Tournee machte die legendäre Band aus Liverpool neben München und Hamburg auch in Essen halt. Rund 17 000 Fans strömten zu den zwei Konzerten am Nachmittag und Abend. Etliche Beatles-Anhänger, die kein Ticket ergattert hatten, belagerten auch noch den Platz vor der Grugahalle.

Essen erlebte ein bis dahin kaum gekanntes Polizeiaufgebot. 500 Po­lizeibeamte sollten für den reibungslosen Ablauf sorgen. Der Auftritt der „Fab Four“ dauerte dann jeweils gerade mal 30 Minuten. Doch das Gefühl, bei einem historischen Ereignis dabei gewesen zu sein, ist bis heute geblieben. Viele Leser, die beim Konzert vor 50 Jahren dabei waren, haben uns in der vergangenen Woche ihre Erinnerungen geschrieben. Dafür ganz herzlichen Dank. Hier eine Auswahl der ganz persönlichen Beatles-Momente.

Geld für die Beatles-Karte als Kegeljunge verdient

„An die Bravo Beatles Blitztournee erinner’ ich mich sehr gut, ich besitze sogar noch die Eintrittskarte. Der Preis von 20 Mark scheint für heutige Verhältnisse geschenkt, aber vor 50 Jahren war er für den damals 15-jährigen Schüler Ekkehard nahezu unerschwinglich. Abgesehen davon grenzte es schon an ein Wunder, dass mein recht strenger Vater, der Polizeibeamter war, mir vertraute und die Erlaubnis gab, zu einem Konzert mit diesen wilden Langhaarigen zu gehen.

Das Geld für die Karte hatte ich mir als Kegeljunge verdient. In vielen Gasstätten gab es noch keine automatischen Kegelbahnen. Für die Karte habe ich dann morgens um 6.30 Uhr mit einer Menge Gleichgesinnter angestanden. Stolz kam ich reichlich verspätet in der Schule an. Den Rüffel vom Lehrer ertrug ich mit Fassung, hatte ich doch als Einziger in der Klasse eine Karte erstanden.“ (Ekkehard Dudda)

Eintrag ins Klassenbuch wegen unentschuldigter Fehlstunde

„Als im April 1966 in der NRZ der Termin fürs Beatles-Konzert bekannt gegeben wurde, ging ich noch am selben Tag vor Beginn der ersten Schulstunde mit zehn Mark in der Tasche zur Kartenvorverkaufsstelle Zigarren Kaiser. Ich bekam eine Karte im Innenraum ganz hinten mit schlechter Sicht sowie einen Eintrag ins Klassenbuch wegen einer unentschuldigten Fehlstunde.“ (Michael Will)

„Piepen in meinen Ohren war nach einigen Stunden verschwunden“

„Sehen konnte ich von den Beatles kaum etwas. Mein Interesse galt ohnehin den Sanitätern, die die vielen kollabierten Fans in Sicherheit brachten. Das Piepen in meinen Ohren war nach einigen Stunden verschwunden, nicht aber die Erinnerung an eines der wenigen Deutschlandkonzerte der Beatles.

Ein Erlebnis, um das mich auch heute noch viele beneiden. Ich war damals 14 Jahre alt, Schülerin. Obwohl es zuhause wenig Geld gab (Bergarbeiterfamilie), bezahlten meine Eltern Ticket und Fahrt. Die heiß geliebten Idole zu sehen, war ein Traum. An diesem Tag war für mich klar: ich musste nach London. Ein Jahr später kam ich in die Lehre, sparte ein Jahr lang und 1968 ging es los! Damals waren die Stars nicht so abgeschottet wie heute, man erfuhr leicht, wo sie wohnten oder zu Interviews erschienen. So lernte ich meine Musikgötter persönlich kennen, was natürlich stärker im Gedächtnis bleibt.“ (Monika Moll)

„Ich habe die Beatles live gehen!“

„Im Juni 1966 war ich bei der Bundeswehr. Ich erwarb frühzeitig ein Ticket, obwohl zu der Zeit eher ein Stones-Fan. Der Plan war, den spärlichen Wehrsold etwas zu ergänzen und das Ticket (20 Mark) vor dem Konzert schwarzmarktmäßig zu verhökern. Womit ich nicht gerechnet hatte: Die Band trat an dem Tag zweimal auf, so dass der Schwarzmarkt größtenteils zusammenbrach. Maximal zehn Mark bot man mir, so dass ich es vorzog, die 30 Minuten selbst anzusehen. Meine Erinnerung an den Auftritt ist etwas verblasst. Was bleibt: Ich habe die Beatles live gehen!“ (Udo W. Moeller)

„Lasst mich sterben, ich habe die Beatles gesehen!“

„Ich hatte am 25. Juni 1966 meinen ersten Einsatz als Sanitäter. Gleich zu Beginn des ersten Konzertes trug man einen jungen Mann in unsere Sanitätsstation, der kollabiert war. Er schlug die Augen auf, sah, wo er war und rief: „Lasst mich sterben, ich habe die Beatles gesehen!“ Gegen Endes der ersten Konzertes sprang er plötzlich davon.“Gleich zu Beginn des zweiten Konzertes trug man ihn erneut herein und alles wiederholte sich. „Lasst mich sterben, ich habe die Beatles gesehen!“ Ich bin nun 51 Jahre Malteser, aber sowas habe ich nie wieder erlebt.“ (Norbert Keltermann)

„Neben mir heulten die Mädchen“

„Ein Freund hatte mir zur bestandenen Zwischenprüfung eine Karte für die Beatles geschenkt. Ich war glücklich, endlich die Beatgruppe meines Herzens direkt sehen und hören zu können. Gestylt in meinen besten Klamotten, die Haare mit Fit und Brisk in Form gebracht, drängte ich mit tausenden Fans fiebernd in die Grugahalle. Links und rechts neben mir heulten die Mädchen, bissen sich in die Hände – ich verstand die Welt nicht mehr, ich sah doch heute klasse aus, meinte ich, aber alle hatten nur Augen für die Beatles. Ich war etwas enttäuscht und der Song „Paperback Writer“ kam schlecht rüber, weil der Echohall nicht so wirkte wie auf den Schallplatten, aber klar, im Tonstudio kann man so was besser steuern als in der Halle. Ein Relikt dieser Zeit, ein bedrucktes Stofftuch, hängt bis heute im Partykeller an der Wand.“ (Wolfgang Krämer)

„Wir waren einfach im Beat-Fieber!“

„Ich war mit meiner damaligen Band „The Mats“ als 16-jähriger Zuschauer auf diesem Konzert. Die Grugahalle war komplett bestuhlt, für heutige Konzerte undenkbar. Zuerst kamen die „Rattles“ und dann erschienen die Beatles „leibhaftig“. Wir standen alle auf den Stühlen. Die Mädels kreischten wie verrückt. Man sah nur und hörte fast nichts. Wir lachten nur, wie man so in „Ekstase“ verfallen konnte, Jungs sind da halt cooler. Jeder Song wurde von uns mitgesungen. Und das Anlagen-Equipment wurde exakt mit der unserigen verglichen und gefachsimpelt. Den Höfner-Beatles-Bass habe ich immer noch. Wir waren im Beat-Fieber, einfach unbeschreiblich.“ (Rainer Maier)

„Denkwürdiger Auftritt mit meinen Idolen“

„Auch ich war damals Augenzeuge des Beatles-Auftritts, eigentlich mehr Ohrenzeuge. Ich war 16 und hatte gerade die Lehre angefangen. Die Karte konnte ich mir nicht leisten, da ich mir zuvor eine Gitarre gekauft hatte. Das Beatles-Fieber hatte mich gepackt und ich versuchte, meinen Idolen nachzueifern. Als ich hörte, dass die Jungs nach Essen kommen, war klar: da muss ich hin! Insgeheim träumte ich davon, dass einer der Beatles ausfiel und man einen Ersatz suchen würde. Ich hatte alle gängigen Hits drauf! Doch natürlich blieb es nur ein Traum. Auch die Hoffnung, eventuell gegen Ende des Konzerts ohne Karte in die Halle zu kommen, erfüllte sich nicht.

Doch da erschien vor der Grugahalle eine Gruppe junger Leute, die, begleitet von einem Mädchen mit Gitarre, fröhliche Gospel sangen. Ich nahm meinen Mut zusammen und fragte das Mädchen, ob ich auch mal was spielen dürfte. Sie gab mir die Gitarre und ich legte los: „I Want to Hold Your Hand!“ Im Nu sah ich mich von einer Menschentraube umringt, die lauthals mitsang. Ich traf nicht alle Akkorde und war auch nicht ganz textsicher, doch das fiel bei dem Lärm nicht auf. Wahnsinn – somit hatte ich doch noch irgendwie meinen Auftritt mit meinen Idolen. Wenn auch nicht gemeinsam auf der Bühne, doch was zählten schon die paar hundert Meter, die uns trennten.“ (Michael Lach)

„Es liefen auch ein paar Tränen“

„Ich war 15, als die Beatles in Essen auftraten. Meine Mutter hatte mir damals in meine schwarze Schlaghosen weißen Tüll genäht, damit der Schlag noch besser zum Vorschein kam. Mein Zimmer hing voller Beatles-Fotos, vor allem von Paul, der für mich der Größte war. Nachts konnte ich nicht schlafen, die Beatles live, war das kein Traum?

Mit klopfendem Herzen ging es zur Grugahalle, meine Freundinnen und ich sangen den ganzen Weg in der Straßenbahn die Songs unserer Idole.

Dann war es soweit!!!. Sie kamen und wir standen auf den Klappstühlen und riefen „Paul, Paul, Paul“. Wir waren ja sicher, dass er jede einzelne von uns hören und sehen würde. Und es liefen auch ein paar Tränen, dafür schämten wir uns nicht.

Das Foto von Paul McCartney hatte ich aus der Bravo und es lag (heimlich, denn ich war ja Klosterschülerin) in meinem Englischbuch. Heute ziert es mit zahlreichen anderen Fotos der Beatles meine Pinnwand und ein riesiges, gerahmtes Bild hängt in meiner Wohnung. Die Beatles sind auch heute noch als Single, LP und CD in meinem Regal und erinnern an den 26. Juni 1966. Ein unvergessliches Event, das viel zu schnell vorbei war.“ (Ellen Oettgen)