Essen. Der Auftritt der berühmten Band aus Liverpool dauert 1966 nur knapp 30 Minuten. Doch das Konzert in der Grugahalle wird zum historischen Ereignis.
Das große Beatles-Beben beginnt am Nachmittag des 25. Juni 1966. Da rollt ein Meilenstein der Essener Musikgeschichte auf die Grugahalle zu. Und zwar „in einem poppig angemalten Rolls Royce“, erinnert sich der Fotograf Peter Happel, der das Konzertereignis damals im Auftrag der Stadt dokumentiert.
„Bravo-Beatles-Blitztournee“ heißt das Ereignis, mit dem die Jugendzeitschrift einen echten Konzert-Coup landet. In drei deutschen Städten – München, Hamburg, Essen – sorgt die Liverpooler Band für den totalen Ausnahmezustand: kreischende Teenager, kopfschüttelnde Eltern und ein Polizeiaufgebot, wie man es bis dahin noch nicht kennt. Wenige Monate zuvor sind die Rolling Stones in der Grugahalle aufgetreten und haben für heftige Randale gesorgt. Diesmal will die Polizei vorbereitet sein. 500 Ordnungskräfte sind aus Essen, Mülheim und Oberhausen angerückt. Peter Happel beobachtet das Geschehen aus einer Polizeikabine oberhalb der Halle und ist überrascht, „wie zivilisiert das in und vor der Halle zuging, trotz des riesigen Ansturms“.
"Für solche Negermusik gibt’s kein Geld"
Tatsächlich drängen sich an diesem Tag fast 17.000 Beatles-Fans vor der Grugahalle, die Karten für die zwei Konzerte am Nachmittag und Abend ergattert haben. Manche wollen ihren Idolen auch nur nahe sein. Viele sind mit dem Zug aus ganz Deutschland angereist. Reisebüros verkaufen extra Beatles-Arrangements mit dem „Liverpool“-Express – inklusive Ticket und Schnitzelbrötchen.
Aber auch aus den Nachbarstädten haben sich Fans auf den Weg gemacht. Einer davon ist Rolf Mathesius. Der damals 16-Jährige hat seine Agfa-Kamera umgehängt. Zusammen mit einem Freund hofft er zwischen den beiden Auftritten einen Schnappschuss der „Fab Four“ irgendwo im hinteren Teil der Bühne zu ergattern. Die 20 Mark für das Ticket kann der Schüler damals nicht berappen. „Für solche Negermusik gibt’s kein Geld“, hat der Vater gesagt.
Verstärker kommen kaum gegen Masse an
Doch für Mathesius, der Anfang der 1960ern schon als Austauschschüler in England von dieser Ausnahme-Band gehört hat, ist nach dem Konzert alles anders. „Da ist eine Tür aufgestoßen worden“. Er legt ein dickes Beatles-Album an, das er bis heute hegt. Die Liverpooler bleiben seine Band.
In der Grugahalle kennt die Euphorie derweil keine Grenzen. „Ist das Begeisterung. Oder geht das schon einen Schritt weiter?“, fragen besorgte Reporter angesichts der Hysterie. Mädchen raufen sich die Haare und reißen sich in Ekstase auch mal die Bluse hoch. Es ist so laut, dass die vier Pilzköpfe mit ihren kleinen Verstärkern eigentlich gar nicht gegen die schreiende Masse anspielen können. „Heute würden da ja riesige Boxen stehen“, sagt Peter Happel. Die Menge ist trotzdem restlos begeistert.
Erinnerungen der Leser sammeln und veröffentlichen
Dabei dauert der Auftritt gerade mal 30 Minuten. „Yesterday“ und „Paperback Writer“ stehen auf der übersichtlichen Playlist. Hinter der Bühne plündern Vorbands wie die „Rattles“ derweil das Beatles-Buffet. Wegen eines kleinen Übersetzungsproblems sind statt der gewünschten „Chips“, also Kartoffelstäbchen, irrtümlich handgemachte Chips angeliefert worden. Die Azubis aus dem „Kockshusen“ lassen sich schnell noch die Küchenschürze signieren, bevor sie wieder abservieren. Noch in der Nacht reisen die Beatles weiter nach Hamburg. Dass dies schon der letzte Deutschland-Auftritt der Beatles war, ahnt damals noch keiner. 1970 ist bereits Schluss mit der Band, aber nicht mit der Beatlemania. Das Konzert in Essen wird zum historischen Ereignis.
50 Jahre später wollen wir an den Auftritt erinnern und unsere Leser nach ihren Beatles-Momenten fragen. Wer am 25. Juni 1966 in und um die Grugahalle dabei war, schickt seine Erinnerungen, gerne mit Foto, an die Redaktion, Sachsenstr. 36, 45123 Essen oder per mail an sekretariat.redaktion-essen@waz.de (bis 22. Juni). Eine Auswahl der Beiträge wollen wir zum 25. Juni veröffentlichen.