Essen. Als voll schuldfähig bezeichnet der psychiatrische Gutachter den 22 Jahre alten Angeklagten, der seinen Vater mit dem Auto umgefahren hat.

Der 22-Jährige, der seinen Vater mit dem Auto umgefahren hat, gilt als voll schuldfähig. Psychiater Norbert Leygraf betonte, dass der intellektuell eher unterdurchschnittlich begabte Angeklagte unreif sei und zu impulsiven Reaktionen neige. Im Gericht war es am Dienstag zum Wiedersehen der Eltern mit ihrem Sohn gekommen. Die 53 Jahre alte Mutter und der vier Jahre ältere Vater verweigerten aber die Aussage vor dem Schwurgericht. Versöhnt haben sie sich mit dem Sohn, im Gefängnis soll der 22-Jährige sich beim Vater entschuldigt haben.

Laut Anklage hatte er am 3. Dezember versucht, seinen Vater mit dem Familienauto zu töten. Er lebte zu der Zeit noch bei den Eltern, war zuletzt am Berufskolleg gescheitert. Streit hatte es abends um sein Lieblingsgericht gegeben, das die Mutter zubereitet hatte. Der Nudelauflauf schmeckte ihm nicht, so schnappte er sich die Autoschlüssel und kündigte an, zum Schnellimbiss zu fahren. Der Vater stellte sich ihm in den Weg, doch er fuhr auf diesen zu, stieß ihn zu Boden und setzte den Wagen gegen die Hauswand in der ruhigen Altendorfer Reihenhaussiedlung. Danach stieg er aus und trat auf seinen am Boden liegenden Vater ein.

Urteil wird erwartet

Der Angeklagte hatte die Tat zwar zugegeben, seine Schuld aber abgeschwächt: Ja, er habe den Vater umfahren wollen, sei aber im letzten Moment ausgewichen. Sein Vater habe ihn sein ganzes Leben lang geschlagen und gedemütigt.

Dass das Rettungsmanöver in der letzten Sekunde nicht stimmen könne, erklärte Dekra-Gutachter Martin Kühn. Der Angeklagte sei mit dem Mercedes schon auf der Straße gewesen. Er sei wieder auf die Fläche vor den Reihenhäusern gefahren, wo der Vater unter einem Carport stand. Mit etwa zehn Stundenkilometern habe er zwei Pfosten aus der Verankerung gerissen und seitlich den Vater getroffen. Ein Ausweichmanöver sei nicht zu erkennen.

Psychiater Norbert Leygraf hielt sich mit der Behauptung, der Vater habe den Sohn oft geschlagen, nicht lange auf. Er erinnerte an die Rolle des Nachzüglers. Der Angeklagte habe einen 16 Jahre älteren Bruder, der die Familie verließ, als der Angeklagte vier Jahre alt war. Die Mutter habe den Jungen sicher verwöhnt. Allerdings sei die Anspruchshaltung des Kindes „nicht gering” gewesen: „Nach dem iPad 6 musste es das iPad 7 sein.” Der Angeklagte räume ein, impulsiv zu sein, wenn die Mutter nicht funktioniere. Leygraf: „Nach zehn Minuten sei aber alles in Ordnung. Das Problem sei, dass der Vater die zehn Minuten nicht abwarte.” Heute wird das Urteil erwartet.