Essen. Designerin Bettina Hildebrand gründete 2009 das Label „Revier Souvenir“, mit dem sie Produkte voller Lokalpatriotismus entwickelt.

Dank Bettina Hildebrand können sich echte Ruhrgebietsfans das Bekenntnis zum Pott mittlerweile um den Hals hängen. Oder damit baden gehen, wenn sie schwarzes Grubengold ins Wannenwasser rieseln lassen und sich danach mit einem Püttstück einseifen. Wenn es darum geht, Heimatgefühle zu zeigen, funktioniert das Ruhrgebiet längst als eine Einheit.

Ein Klassiker, der zu den ersten Produkten von Bettina Hildebrand gehörte: Das Grubengold, ein Badesalz in Zechenstaub-Optik.
Ein Klassiker, der zu den ersten Produkten von Bettina Hildebrand gehörte: Das Grubengold, ein Badesalz in Zechenstaub-Optik. © FUNKE Foto Services | FUNKE Foto Services

2009 und damit kurz vor dem Kulturhauptstadtjahr, ruft die Diplom-Designerin ihr Label „Revier Souvenir“ ins Leben. Mittlerweile sind ihre Produkte bei Einzelhändlern von Dortmund bis nach Dinslaken zu bekommen. „Ich fand das Thema damals schon spannend und finde es noch heute. Vor der Kulturhauptstadt gab es ja kaum Ruhrgebiets-Souvenirs, während alle anderen deutschen Großstädte ganz selbstverständlich und selbstbewusst mit ausgefallenen Heimatdesigns für sich geworben haben. Dieses Selbstbewusstsein wächst zum Glück auch bei uns“, sagt die 46-Jährige, deren Entwürfe ehrlich und schnörkellos, dafür aber mit viel Herz daher kommen.

Zum Beispiel ihre Edelstahl-Schmuck-Anhänger in Form eines klassischen Förderturms oder eines „Emscherkinds“, das in den Kanal springt. „Es war mir wichtig“, sagt Bettina Hildebrand, „nicht einfach nur Werbemittel zu bedrucken, sondern eigene Produkte zu schaffen, die zur Marke und zum Ruhrgebiet passen, dabei aber alle unterschiedlich sind.“ Das erkläre auch ihre vergleichsweise kleine Produktpalette: Von der ersten Idee bis zur Realisierung sei es schließlich ein weiter Weg – vor allem dann, wenn man vorwiegend in Deutschland produzieren lässt. „Beim Püttstück war es gar nicht leicht, einen Betrieb zu finden, der die Seifen in vergleichsweise kleiner Stückzahl produziert“, erklärt sie.

Für das Zechenstechen recherchierte die Designerin mit einem Historiker Daten wie Teufbeginn, Anzahl der Schächte und die jeweilige Kohlenförderung in Tonnen.
Für das Zechenstechen recherchierte die Designerin mit einem Historiker Daten wie Teufbeginn, Anzahl der Schächte und die jeweilige Kohlenförderung in Tonnen. © FUNKE Foto Services | FUNKE Foto Services

Und nicht zuletzt würden Artikel wie das Quartett „Zechenstechen“ mehr Arbeit mit sich bringen, als sie selbst von einem Kartenspiel erwartet hätte: „Ich habe damals zusammen mit einem Historiker alle Daten für die Zechen zusammengetragen. Viele Zahlen, die man im Internet findet, waren schlicht nicht korrekt oder ungenau“, erinnert sich die zweifache Mutter, die bewusst den Schritt in die Selbstständigkeit wagte: „Als ich meine Abschlussarbeit in Kommunikationsdesign schrieb, war ich hochschwanger. Ich hätte in einer Agentur arbeiten können, aber das lässt sich mit Familie kaum vereinbaren. Da kam die Idee zu Revier Souvenir zur richtigen Zeit.“

„In den Großstädten laufen die Haftnotizen richtig gut“, hat Hildebrand beobachtet.
„In den Großstädten laufen die Haftnotizen richtig gut“, hat Hildebrand beobachtet. © FUNKE Foto Services | FUNKE Foto Services

Mittlerweile hat sie ihr Angebot um einige „revierfremde“ Souvenirs und Mitbringsel erweitert, die sie über ihre Vertriebsagentur in Hamburg in Deutschland, Österreich und der Schweiz vertreibt. Ihre bekanntesten und meist kopierten Exportschlager sind die „Haftnotizen“, vor allem jene mit „Scheiße geparkt“-Aufdruck, die rücksichtslosen Mitmenschen ans Auto gehaftet werden können, gehen gerade in Großstädten ziemlich gut.

In diesem Jahr möchte sich die Essenerin, die im Moltkeviertel lebt, wieder mehr ihrer Heimat widmen und neue Souvenirs entwickeln. Denn der Heimatkult, der halte weiterhin an, weiß Hildebrand: „Die Menschen sind stolz, hierher zu kommen.“

Zur Serie "Junges Design in Essen"

In unserer Serie wollen wir junge Designer aus Essen vorstellen, die einer neuen Unternehmergeneration angehören: Was sie neben der Verbundenheit zum Ruhrgebiet und ihrer Kreativität eint, sind Faktoren wie Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein, die sie bei der Herstellung ihrer Produkte berücksichtigen. Die Bandbreite der Produkte ist groß: Wir stellen Möbel- und Rucksackdesigner ebenso vor wie zwei Schwestern, die Illustration und Fotografie miteinander vereinen. Damit wollen wir zeigen, wie viel Potenzial in Essen steckt und was mit der richtigen Idee alles möglich ist.